Zwei Besonderheiten zeichnen N* aus Vor genau 40 Jahren erhielt Luis Walter Alvarez den Nobelpreis für "die Entdeckung einer großen Anzahl resonanter Zustände". Einen dieser Zustände, der theoretisch vor einigen Jahren vorausgesagt worden war, konnten die Forscher jetzt experimentell belegen, indem sie Atomkerne mit Photonen beschossen und sie so in Schwingungen versetzten. Zwei Besonderheiten unterscheiden N*(1685) von den bekannten Resonanzanregungen der Materie: Zum einen lebt N*(1685) etwa zehnmal länger. Im Fachjargon heißt es, N*(1685) habe eine ungewöhnlich schmale Breite, was allerdings auch hohe Anforderungen an die Experimentiergenauigkeit zur Folge hat: Man muss viel genauer "zielen", um diese Resonanzanregung zu treffen. Die andere Besonderheit ist, dass N*(1685) bei Beschuss sehr viel leichter aus dem Neutron als aus dem Proton hervorgeht. In die üblichen baryonischen Resonanzzustände dagegen werden Neutronen und Protonen gleich leicht versetzt.
Fünf oder mehr Quarks sind nötig Die Anregung zur experimentellen Suche nach N* gaben theoretische Untersuchungen, denen neue Vorstellungen über die Struktur der Atomkernbausteine zugrunde liegen. Laut dieser Vorstellung können die Elementarteilchen als sog. Solitonen, also nicht lineare solitäre Wellen, betrachtet werden. Diese Idee existiert seit 1962. Die neuen Entwicklungen dieser Betrachtungsweise eröffnen jetzt die Möglichkeiten, nicht nur den Grundzustand, sondern auch die angeregten Zustände des Nukleons zu beschreiben. Die Eigenschaften der Resonanzanregungen erfordern allerdings eine Beschreibung, die nicht nur auf den wohlbekannten drei Quarks beruht, sondern auch fünf- oder mehr-Quark Zustände oder dessen Superposition umfasst.
Umstrittener und berühmter Verwandter N* gehört nach den theoretischen Rechnungen zu einer Gruppe von zehn Teilchen ähnlicher Struktur, zusammengefasst unter dem Begriff "Anti-Dekuplett" (Anti-Zehnling). Ein Bestandteil dieser Gruppe ist das weltberühmte, aber immer noch umstrittene Theta+, ein exotisches Baryon, das nicht aus drei, sondern aus vier Quarks und einem Antiquark besteht. Vorausgesagt 1997 von Dimitri Diakonov, Victor Petrov und Maxim V. Polyakov, wurde es 2003 und 2004 in mehreren Experimenten identifiziert, dann aber in ebenso vielen nicht gefunden. Jetzt ist eine druckfrische Arbeit einer Japanischen Gruppe um Takashi Nakano erschienen, die eine neue und überzeugende Evidenz für die Existenz von Theta+ liefert und dabei indirekt auch die Strukturüberlegungen zu N*(1685) unterstützt. "Auf jeden Fall liegt bei N*(1685) ein Teilchen vor, dessen Zerfallsbreite wie beim Theta+ ganz wesentlich kleiner ist als die aller anderen baryonischen Teilchen", so Prof. Dr. Klaus Goeke vom Institut für Theoretische Physik der RUB. "Wenn sich das bestätigt, haben wir eine neue und ganz besondere Teilchensorte im Zoo der Elementarteilchen."
Vorhersagen vor fünf Jahren Vor fünf Jahren wurden Teilchen der N* Sorte u.a. von Maxim V. Polyakov vorausgesagt, und zwar genau mit den erwähnten besonderen Eigenschaften. Experimentelle Daten, die man mit einem solchen Teilchen weitgehend erklären kann, wurden 2007 von der Kollaboration GRAAL publiziert und kürzlich durch das Experiment ELSA/TAPS am Bonner Elektronenbeschleuniger ELSA bestätigt. Hierbei wurden Photonen auf Nukleonen geschossen, wodurch das N* erzeugt wurde, das dann nachweislich in ein Eta-Meson (instabiles Teilchen aus einem Quark und einem Antiquark) und ein Nukleon zerfiel. Die Bochumer Theoretiker, insbesondere Maxim V. Polyakov, haben die Auswertung dieser Experimente teilweise im Rahmen des Transregio-Sonderforschungsbereichs (Bonn, Bochum, Gießen) begleitet.
|