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Ein Modell-System für weiche Kolloide

Eine neue Studie belegt den Zusammenhang zwischen der mikroskopischen Struktur und den makroskopischen Eigenschaften.




Abbildung: Mit Neutronenstreuung untersuchten die Forscher die Struktur ihrer Proben. So lässt sich aus der Größe des Rings im Bild der Abstand zwischen zwei Kolloidteilchen bestimmen. [Bildquelle: Forschungszentrum Jülich]
Rezeptbuch für Kolloide

Forscher aus Jülich haben gemeinsam mit Kollegen aus Österreich, Italien, Kolumbien und den USA ein Modellsystem für so genannte weiche Kolloide entwickelt. Das Modell macht es möglich, Zusammenhänge zwischen atomarer Struktur der Kolloide und den erlebbaren Materialeigenschaften besser zu verstehen. Mit den Erkenntnissen lassen sich zielgerichtet neuartige Kolloidmaterialien entwickeln. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin Nanoscale veröffentlicht [vgl. Artikelverweis unten].

Kolloide sind nano- oder mikrometergroße, fein verteilte Teilchen oder Tröpfchen. Weiche Kolloide bestehen aus flexiblen Stoffen, etwa Polymeren. Zu letzteren gehören auch Proteine oder Kunststoffmoleküle. In der Natur finden sich weiche Kolloide zum Beispiel in Zellen. Industriell werden sie unter anderem für Lebensmittelzubereitungen, Kosmetika und Dispersionsfarben oder bei der Erdölförderung genutzt und sorgen für die gewünschten Fließeigenschaften. In Dispersionsfarben etwa stellen sie sicher, dass diese sich leicht verstreichen lassen, aber nicht von der Wand laufen.

Das Modell-System der Wissenschaftler vom Jülicher Zentrum für Forschung mit Neutronen besteht aus Wasser und Blockcopolymeren - das sind fadenförmige Moleküle mit einem wasserliebenden und einem wasserabweisenden Teil. Im Wasser ordnen sich die Polymerfäden sternförmig an, mit den wasserliebenden Enden nach außen, den wasserabweisenden nach innen. Ist der wasserliebende Anteil groß, knäulen sich jeweils nur wenige Moleküle locker zusammen, und das physikalische Verhalten ähnelt Fäden. Je größer der wasserabweisende Anteil ist, umso mehr Polymere ballen sich zusammen, und es bilden sich dichte, harte Kugeln.

Für Fäden und für Kugeln existierten bisher separate physikalische Modelle, die jeweils vorhersagten, ob eine Lösung daraus flüssig oder glasartig sein würde. Den Forschern gelang es nun unter anderem mit Neutronenstreuexperimenten, beide Modelle zu vereinen und ein umfassendes Phasendiagramm zu erstellen, das die Materialeigenschaften in Abhängigkeit von Kolloidaufbau und -konzentration darstellt ? quasi ein Rezeptbuch für Kolloide. Denn sie fanden einen verbindenden Parameter, der wesentlich darüber entscheidet, ob die Modell-Kolloidlösung flüssig oder glasartig ist: die sogenannte Interaktionslänge. Diese entspricht annähernd dem Radius, in dem die Kolloide untereinander wechselwirken können, und hängt unter anderem davon ab, aus wie vielen Molekülen ein Kolloid zusammengesetzt ist und wie stark die Kolloide konzentriert sind.

Die Erkenntnis wurde dadurch möglich, dass sich der Weichheitsgrad der Modell-Kolloide über einen großen Bereich sehr genau einstellen lässt, indem man das Längenverhältnis zwischen dem wasserliebenden und dem wasserabweisenden Teil der Molekülfaden verändert. Dass die Grundzutaten dabei stets die gleichen bleiben, vereinfacht es, grundlegende Zusammenhänge zu erkennen.


Zusatzinformationen:

Sudipta Gupta, Manuel Camargo, Jörg Stellbrink, Jürgen Allgaier, Aurel Radulescu, Peter Lindner, Emanuela Zaccarelli, Christos N. Likos und Dieter Richter:
Dynamic phase diagram of soft nanocolloids.
In: Nanoscale; online erschienen am 20. Juli 2015, DOI 10.1039/C5NR03702F

Quelle: Forschungszentrum Jülich, FZ Jülich

 


Aktualisiert am 14.08.2015.



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