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Neue Eisenoxide im Erdmantel entdeckt

Bei Versuchen mit einer speziellen Hochdruckzelle an DESYs Röntgenlichtquelle PETRA III und ähnlichen Einrichtungen haben Forscher zwei neue Eisenoxid-Phasen entdeckt.




Abbildung 1: Struktur des neu entdeckten Eisenoxids Fe5O7. [Bildquelle: Elena Bykova/Universität Bayreuth]
Eisenoxid Fe5O7

Abbildung 2: Struktur des neu entdeckten Eisenoxids Fe25O32. [Bildquelle: Elena Bykova/Universität Bayreuth]
Eisenoxid Fe25O32

Die Beobachtung weist auf die Existenz einer großen, bislang unbekannten Sauerstoffquelle im unteren Erdmantel hin, wie das Team um Hauptautorin Dr. Elena Bykova von der Universität Bayreuth im Fachblatt Nature Communications berichtet [siehe Artikel-Verweis unten].

Eisenoxid kommt in der Natur in unterschiedlichen Verbindungen vor. "Das häufigste Eisenoxid ist Hämatit, Fe2O3, das ein Endprodukt vieler geologischer Prozesse darstellt und die wichtigste Eisenquelle unserer Zivilisation ist", erläutert Bykova. In den vergangenen fünf Jahren haben Forscher neue Eisenoxidverbindungen wie Fe4O5, Fe6O6, und Fe13O19 entdeckt, die sich bei hohem Druck und hohen Temperaturen bilden. Um das Verhalten von Hämatit und dem ebenfalls häufigen Magnetit (Fe3O4) unter Extrembedingungen weiter zu untersuchen, nutzte das Team um Bykova eine besondere Druckzelle an DESYs Extreme Conditions-Messstation P02.2.

"In dieser sogenannten Diamantstempelzelle können kleine Proben zwischen zwei Diamanten einem Druck von einigen hunderttausend Atmosphären ausgesetzt werden, wobei ein sorgfältig justierter Laser die Probe durch die transparenten Diamantstempel hindurch auf mehrere tausend Grad Celsius erhitzen kann", beschreibt der Leiter der Messstation und Ko-Autor der Studie, Dr. Hanns-Peter Liermann von DESY. Dabei lassen sich mit dem außergewöhnlich hellen und feinen Röntgenstrahl von PETRA III Strukturänderungen in dem untersuchten Material verfolgen. Ähnliche Messungen fanden auch an der Europäischen Synchrotronquelle ESRF in Grenoble und an der US-Röntgenquelle APS in Chicago statt.

Bei einem Druck von mehr als 67 Gigapascal (das entspricht dem 670 000-fachen Atmosphärendruck) und einer Temperatur von rund 2400 Grad Celsius zerfiel das Hämatit und bildete ein neues Eisenoxid, Fe5O7, das zuvor noch nie beobachtet worden war. Druck und Hitze entsprachen dabei in etwa den Bedingungen in 1500 Kilometern Tiefe unter der Erdoberfläche. Bei einem noch höheren Druck von rund 70 Gigapascal, entsprechend einer Tiefe von 1670 Kilometern, zerfiel auch Magnetit, und es bildete sich das ebenfalls zuvor unbekannte Eisenoxid Fe25O32. Das Besondere daran: Die Bildung beider bisher unbekannten Eisenoxide setzt Sauerstoff frei.

Obwohl Eisenoxid normalerweise nicht im großen Maß im unteren Erdmantel auftritt, kann es über sogenannte Subduktionszonen dorthin befördert werden, wenn eine tektonische Platte unter eine andere gleitet. Hämatit und Magnetit sind Hauptbestandteile bestimmter urzeitlicher Eisenablagerungen, Bändererz und Eisenstein, die auf allen Kontinenten vorkommen. Diese Formationen können mehrere hundert Meter dick werden und Ausdehnungen von hunderten Kilometern aufweisen. Als zwei Milliarden Jahre alte Ablagerungen bilden sie weltweit einen Teil des Ozeanbodens. Über die Subduktion wird das Bändererz quasi im Erdinneren recycelt, wobei es in große Tiefen getragen werden kann, möglicherweise sogar bis zur Grenzregion von Erdmantel und Erdkern.

Unter Bedingungen, die dem unteren Erdmantel entsprechen, zerfallen Hämatit und Magnetit jedoch und setzen dabei große Mengten einer sauerstoffreichen Flüssigkeit frei (Sauerstoff ist unter solchen Bedingungen üblicherweise flüssig), wie das Team nun beobachtet hat. "Wir schätzen, dass diese Quelle bis heute Sauerstoff in einem Umfang freigesetzt hat, der der acht- bis zehnfachen Masse des Sauerstoffs in der Atmosphäre entspricht", beschreibt Bykova. "Das ist überraschend, und es ist nicht klar, was mit dem Sauerstoff dort unten passiert."

Die sauerstoffreiche Flüssigkeit könnte lokal das umgebende Gestein oxidieren oder zur Übergangszone oder sogar bis in den oberen Mantel aufsteigen. "Das bleibt zu untersuchen", sagt Ko-Autor Dr. Maxim Bykov von der Universität Bayreuth. "Zurzeit können wir nur sagen, dass es dort eine riesige Sauerstoffquelle im Mantel gibt, die geochemische Prozesse wesentlich beeinflussen kann, indem sie Oxidationszustände ändert und Spurenelemente mobilisiert. Das wird ein großes neues Modellierungsfeld eröffnen."

Die Entdeckung der neuen Eisenoxide trage daher nicht nur zum Wissen über die grundlegenden Eigenschaften dieser Substanzen bei, betont Bykov. "Unsere Arbeit zeigt, dass uns wesentliche Teile der Erdprozesse nach wie vor unbekannt sind. Abtauchende Platten können offensichtlich unerwartete Effekte bewirken. Die Auswirkungen auf die globalen Dynamiken der Erde, einschließlich Klimavariationen, müssen noch untersucht werden."

Das Deutsche Elektronen-Synchrotron DESY ist das führende deutsche Beschleunigerzentrum und eines der führenden weltweit. DESY ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft und wird zu 90 Prozent vom BMBF und zu 10 Prozent von den Ländern Hamburg und Brandenburg finanziert. An seinen Standorten in Hamburg und Zeuthen bei Berlin entwickelt, baut und betreibt DESY große Teilchenbeschleuniger und erforscht damit die Struktur der Materie. Die Kombination von Forschung mit Photonen und Teilchenphysik bei DESY ist einmalig in Europa.

 

Pressemitteilung der Universität Bayreuth

Große Sauerstoffquellen im Erdinneren

Neue Erkenntnisse der Hochdruck- und Hochtemperaturforschung

Tief im Erdinneren existieren große, bisher unbekannte Sauerstoffquellen, die möglicherweise einen erheblichen Einfluss auf den Materialkreislauf der Erde haben. Darauf deuten neue Forschungsergebnisse hin, die ein internationales Team unter der Leitung der Bayreuther Wissenschaftlerin Dr. Elena Bykova erzielt hat. Entscheidend waren dabei Materialanalysen an der Röntgenquelle Petra III des Deutschen Elektronen-Synchrotrons (DESY) in Hamburg, der European Synchrotron Radiation Facility (ESRF) in Grenoble und der Advanced Photon Source (APS) am Argonne National Laboratory in Chicago.

Die Wissenschaftler konnten beobachten, dass unter sehr hohen Drücken und Temperaturen aus den Mineralen Hämatit und Magnetit neue, bisher unentdeckte Eisenoxid-Phasen entstehen und Sauerstoff dabei freigesetzt wird.

 

Untersuchungen von Mineralen unter extremen Bedingungen

Eisenoxide sind Minerale, die in der Natur in verschiedenen kristallinen Strukturen - sogenannten Phasen - vorkommen. Besonders weit verbreitet sind Hämatit (Fe2O3) und Magnetit (Fe3O4). Diese Eisenerzminerale haben einen Eisengehalt von über 70 Prozent und sind eine der wichtigsten Ressourcen für die industrielle Gewinnung von Eisen und Stahl. Dr. Elena Bykova, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Labor für Kristallographie und am Bayerischen Geoinstitut (BGI) der Universität Bayreuth, hat mit ihrem Team diese Eisenoxide unter sehr hohen Drücken und Temperaturen untersucht.

Dabei kamen die am BGI entwickelten Diamantstempelzellen zum Einsatz. In einer solchen Stempelzelle können winzige Materialproben zwischen zwei harten Diamantköpfen eingequetscht und Kompressionsdrücken von mehreren hundert Gigapascal ausgesetzt werden. Mit einem zielgenau gesteuerten Laserstrahl lassen sich die Proben dann auf mehr als 2000 Grad Celsius erhitzen. "Die intensive und zugleich äußerst feine Röntgenstrahlung, die von der DESY-Röntgenquelle Petra III erzeugt wird, macht es möglich, Veränderungen in der kristallinen Struktur der Proben zu beobachten - eben diejenigen Veränderungen, die durch eine extreme Steigerung des Kompressionsdrucks und der Temperatur ausgelöst werden", erklärt Dr. Bykova.

 

Live beobachtet: die Entstehung bisher unbekannter Eisenoxide

Bei diesen Untersuchungen stellte sich heraus, dass Fe2O3 sich bei einem Druck von 67 Gigapascal und einer Temperatur von 2400 Grad Celsius auflöst und das bisher unbekannte Eisenoxid Fe5O7 entsteht. Für die Erforschung geochemischer Prozesse ist diese Entdeckung umso interessanter, als derartige Verhältnisse ungefähr 1.500 Kilometer unter der Erdoberfläche gegeben sind - also innerhalb des unteren Erdmantels, der sich bis in eine Tiefe von rund 2900 Kilometern erstreckt. Wenn der Druck und die Temperatur in der Stempelzelle auf 80 Gigapascal und 2200 Grad Celsius gesteigert werden, zerfällt auch Fe3O4 und es bildet sich das Eisenoxid Fe25O32 heraus. Derart hohe Drücke und Temperaturen kommen in den untersten Bereichen des Erdmantels vor.

"Die Hochdruck- und Hochtemperaturforschung hat bereits in den letzten Jahren eine Reihe von Eisenoxiden entdeckt, die sich hinsichtlich ihrer Strukturen von Hämatit und Magnetit klar unterscheiden. Aber erstmals haben wir, dank der besonderen Leistungsfähigkeit der Synchrotron-Zentren in Hamburg, Grenoble und Chicago, die Entstehung von Eisenoxiden bei hohen Drücken und Temperaturen in situ - also sozusagen live - beobachten und die dabei erstmals entdeckten kristallinen Strukturen exakt bestimmen können", erklärt Dr. Maxim Bykov. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bayerischen Geoinstitut und Ko-Autor der in Nature Communications veröffentlichten Studie. Für seine herausragende Dissertation am Labor für Kristallographie ist er im letzten Jahr mit einem Preis der Stadt Bayreuth ausgezeichnet worden.

 

Mineraltransport in den Erdmantel

Freigesetzter Sauerstoff beeinflusst geochemische Prozesse

Die neuen Forschungsergebnisse eröffnen eine neue Sicht auf Prozesse im Erdinneren. Denn Hämatit und Magnetit sind die Hauptbestandteile von Bändererzen (Banded Iron Formations, BIFs). Hierbei handelt es sich um riesige, schichtförmig strukturierte Gesteinsmassen, die rund 2 Milliarden Jahre alt sind und sich über die gesamte Erdoberfläche verteilen. Sie sind in der Regel mehrere hundert Meter dick und mehrere hundert Kilometer lang. Ursprünglich bedeckten sie weite Flächen des Meeresbodens. Seitdem aber bewirken Prozesse der Subduktion, dass Krustenmaterial tief ins Erdinnere gelangt. Dies geschieht immer dann, wenn ozeanische Erdkruste am Rand einer Kontinentalplatte in den Erdmantel abtaucht.

"Die Vermutung liegt nahe, dass auf diese Weise auch große Mengen von Hämatit und Magnetit tief in den Erdmantel vorgedrungen sind und sich unter den Kompressionsdrücken und Temperaturen, wie wir sie im Labor nachgestellt haben, in neue Eisenoxid-Phasen umgewandelt haben", meint Dr. Bykova. Die Sauerstoffmengen, die dabei im unteren Erdmantel freigesetzt worden sind, seien nicht zu unterschätzen. "Nehmen wir einmal an, dass die Menge der Bändererze, die im Verlauf der Erdgeschichte ins Erdinnere gelangt sind, von der Forschung heute zutreffend eingeschätzt wird. Dann sind allein bei der Umwandlung von Hämatit in Fe5O7 Sauerstoffmengen produziert worden, die insgesamt acht- bis zehnmal größer sind als die Sauerstoffmenge in der heutigen Erdatmosphäre", so die Bayreuther Wissenschaftlerin.

Was ist mit diesem Sauerstoff im Erdmantel geschehen? Die Autoren der neuen Studie wissen darauf noch keine endgültige Antwort. "Es ist aber angesichts der produzierten Mengen sehr wahrscheinlich, dass der bei der Umwandlung von Eisenoxiden entstandene Sauerstoff den Materialkreislauf der Erde bis heute erheblich beeinflusst - sei es, dass er Oxidationsprozesse in den unmittelbar umgebenden Gesteinsmassen fördert oder Spurenelemente mobilisiert. Möglicherweise steigt er auch bis in den oberen Erdmantel auf und trägt hier zur Bildung von Silikaten bei", meint Prof. Dr. Dr. h.c. Leonid Dubrovinsky, Forschungsprofessor am BGI in Bayreuth. "Die riesigen Sauerstoffressourcen im Erdinneren, auf die unsere neuen Forschungsergebnisse verweisen, sollten jedenfalls in künftigen Modellen geochemischer Prozesse berücksichtigt werden - bis hin zu Modellen der Klimaentwicklung."

 

Internationale Kooperation und Forschungsförderung

Die neuen Forschungsergebnisse sind aus einer engen Zusammenarbeit führender Forschungseinrichtungen auf dem Gebiet der geowissenschaftlichen Hochdruck- und Hochtemperaturforschung hervorgegangen. Schon seit vielen Jahren kooperieren das Labor für Kristallographie und das Bayerische Geoinstitut der Universität Bayreuth sehr erfolgreich mit dem Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg, der European Synchrotron Radiation Facility (ESRF) in Grenoble und der Advanced Photon Source (APS) am Argonne National Laboratory in Chicago. Wissenschaftler aller dieser Einrichtungen sind als Ko-Autoren an der in Nature Communications veröffentlichten Studie beteiligt.

"Unsere Forschungsarbeiten sind von vielen Seiten unterstützt worden", erklärt Prof. Dr. Dr. h.c. Natalia Dubrovinskaia, Heisenberg-Professorin für Materialphysik und Technologie bei extremen Bedingungen an der Universität Bayreuth. "Insbesondere die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) haben die in Bayreuth und Hamburg durchgeführten, technologisch sehr anspruchsvollen Materialanalysen finanziell gefördert."


Zusatzinformationen:

E. Bykova, L. Dubrovinsky, N. Dubrovinskaia, M. Bykov, C. McCammon, S. V. Ovsyannikov, H. -P. Liermann, I. Kupenko, A. I. Chumakov, R. Rüffer, M. Hanfland, V. Prakapenka:
Structural complexity of simple Fe2O3 at high pressures and temperatures.
In: Nature Communications; online erschienen am 11. Februar 2016, DOI 10.1038/NCOMMS10661

Quelle: Deutsches Elektronen-Synchrotron, DESY, Hamburg

 


Aktualisiert am 11.02.2016.



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