
Schematische Darstellung des Experiments zur
Entschlüsselung der Mechanismen von Widerstandsänderungen in
Manganaten: Mittels einer extrem genau positionierbaren Nanospitze
im Elektronenmikroskop konnte eine Verbindung zwischen den
elektrischen Eigenschaften und der räumlichen Anordnung der
bekleideten Elektronen (Polaronen) sichtbar gemacht werden

Atomarer Aufbau der Kristallstruktur einer
Praseodym-Kalzium-Manganat Verbindung mit extremen Änderungen des
elektrischen Widerstands.
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Das Element Sauerstoff - mit fast 20 Prozent
Volumenanteil in der Erdatmosphäre eines der am häufigsten
vorkommenden Gase - geht mit Metallen sehr stabile Verbindungen ein.
Zu den besonders faszinierenden Metall-Sauerstoff-Verbindungen gehören
die Oxide der Übergangsmetalle Eisen, Kobalt, Nickel, Kupfer und
Mangan. Diese bilden mit symmetrisch um sich gruppierten
Sauerstoffatomen im Gerüst eines weiteren Metalls die sogenannte
Perowskit-Struktur. Zu diesen Perowskiten gehören die Manganate, die
eine extreme Abhängigkeit ihres elektrischen Widerstands von äußeren
Einwirkungen aufweisen. So können durch Magnetfelder, Licht oder Druck
Änderungen der Leitfähigkeit von bis zu 10 Größenordnungen
hervorgerufen werden. Der Perowskit verwandelt sich dabei von einem
Isolator zu einem elektrischen Leiter.
Grundlegendes Problem beim physikalischen Verständnis dieser Effekte,
die als kolossale Widerstandsänderungen bezeichnet werden, ist die
hohe Komplexität der Elektronenzustände in diesen Materialien.
Manganate zeigen in besonders ausgeprägter Weise ein korreliertes
Verhalten der Elektronen: Sie beeinflussen sich gegenseitig durch
starke elektrische und magnetische Kräfte. Darüber hinaus verursachen
sie bei ihrer Bewegung durch das Kristall - gemeint ist damit die
dreidimensional und periodisch angeordnete Struktureinheit der
Metall-Sauerstoff-Verbindung - eine Verschiebung der Atome aus den
idealen Positionen des Kristallgitters, das sich mit dem Elektron
mitbewegen kann. Diese mit dem Feld ihrer Gitterverzerrung
"bekleideten" Elektronen sind in der Physik auch als Polaronen
bekannt.
Die Physiker haben nun einen Durchbruch im Verständnis der Bewegung
und Ordnung von Polaronen als wesentliche Ursache für kolossale
Widerstandsänderungen in Manganaten erzielt. Mit Hilfe moderner
Elektronenmikroskopie konnte eine räumlich geordnete periodische
Anordnung der "bekleideten Elektronen" nachgewiesen werden. Die
Polaronen kristallisieren zu einem periodischen Muster, was zu einer
starken Unterdrückung ihrer Beweglichkeit führt; die Manganate
verwandeln sich in einen Isolator. Wird dieser geordnete
Polaronenkristall durch ein äußeres elektrisches Feld relativ zu den
Gitteratomen in Bewegung gesetzt, zerfällt er nach einiger Zeit in
einen ungeordneten Zustand; es entsteht die sogenannte
Polaronenflüssigkeit. Damit einher geht eine drastische Verringerung
des elektrischen Widerstands. Durch eine extrem genau positionierbare
Nanospitze im Elektronenmikroskop konnte dieser Prozess unmittelbar
sichtbar gemacht werden.
Die grundlegenden Untersuchungen der Manganate sowie die Entwicklung
von Anwendungen werden auf Göttinger Seite am Institut für
Materialphysik in der Arbeitsgruppe "Funktionale Dünnschichten"
durchgeführt. Neben Dr. Jooß sind daran Sebastian Schramm, Julia
Fladerer, Peter Moschkau und Dr. Jörg Hoffmann beteiligt. Ihre
Arbeiten sind außerdem eingebettet in ein Teilprojekt des Göttinger
Sonderforschungsbereiches 602 "Komplexe Strukturen in kondensierter
Materie von atomarer bis mesoskopischer Skala". Kooperationspartner in
den USA waren Wissenschaftler des Brookhaven National Laboratory in
New York und des Department of Physics der University of Illinois at
Chicago.
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