Kegelschnecken
Foto: © Thierry Parel
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Das EU-Großprojekt "CONCO" mit 20
Projektpartnern von Universitäten und Firmen aus 12 europäischen
Staaten und den USA wurde im Februar 2007 mit dem Ziel gestartet, die
Gifte, die Genetik und Biologie der marinen Kegelschnecken (lat.:
Conus) zu erforschen. Das multinationale Forschungsprojekt wird
hierfür von der Europäischen Union mit 10.7 Mio. Euro über fünf Jahre
unterstützt. Beteiligt an dem wissenschaftlichen Projekt ist auch das
Frankfurter Zentrum für Rechtsmedizin am Klinikum der J. W.
Goethe-Universität. Die Arbeitsgruppe am Institut für Forensische
Medizin unter der Leitung von Dr. Silke Kauferstein wird mit 250.000
Euro gefördert. Biologin Dr. Kauferstein erhofft sich unter anderem
mit Hilfe dieser Forschungserkenntnisse neuartige Arzneimittel zu
entwickeln. Bei einem Meeting der CONCO-Forschungsgruppen am 4. und 5.
Dezember 2007 in Utrecht (NL) stellten die Teilnehmer neue Ergebnisse vor.
So wurde von der erfolgreichen Durchführung zweier Expeditionen nach
New Caldedonien und Polynesien berichtet. Während dieser
Forschungsreisen konnte zahlreiches Material für die anstehenden
Studien gesammelt werden. Ebenso wurden die Fortschritte der
Weiterentwicklung eines bereits patentierten Toxins dargestellt.
"Die Genom- wie auch die Proteom-Forschung haben in den letzten Jahren
große Fortschritte gemacht", sagt Dr. Kauferstein. Mittels der Analyse
des Genoms wie auch des Giftes eines solchen Gifttieres, in der
Fachsprache Venom oder Proteom genannt, sind laut Kauferstein "mit
Sicherheit wichtige Erkenntnisse über die Evolution eines Giftes,
seine genetischen Grundlagen und die Anpassungen an veränderte
Umweltbedingungen wie exogenen Stress zu erwarten". Auch ließen diese
Analysen, so Kauferstein weiter, "Rückschlüsse über die Ursachen und
Mechanismen zu, die zur großen Diversität dieser Toxine führen".
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Abb. 1: Das Gift wird im
schlauchförmigen Giftkanal gebildet (a). Die im Radulasack
befindlichen, pfeilförmigen Radulazähnchen werden in den Pharynx
(Schlund) transportiert, hier mit Gift gefüllt und mit hohem Druck
aus dem Proboscis (Schlundrohr) in das Beutetier geschossen (b).
Jeder Zahn ist ein eingerolltes Chitinblättchen und stellt einen
mit Widerhaken versehenen hohlen Pfeil dar.
Copyright: Klinikum der J. W.
Goethe-Universität Frankfurt am Main |
"Interessanter Giftcocktail" aus 200 Peptiden
Kegelschnecken sind für die Genomforschung und Toxikologie so
interessant, weil es von ihnen mehr als 700 Arten gibt, die sich in
ihrer Größe, der Musterung und Farbgebung ihrer Schale unterscheiden,
aber eines gemeinsam haben: ihre besondere Art des Nahrungserwerbs.
Hierfür setzen sie ein Gift ein, das sie mit einem Pfeil in ihre
Beute, Fisch, Wurm oder Schnecke, schießen, was diese binnen Sekunden
lähmt. Die so genannten Conotoxine in den Giften sind kleine
Eiweißmoleküle (Peptide) mit höchst spezifischer Wirkung auf das
Nervensystem. Davon sind in einem Gift mehr als 200 verschiedene
vorhanden, die in ihrer Gesamtheit einen äußerst wirksamen und für die
Forscher interessanten Giftcocktail darstellen. Biologen wie Dr.
Kauferstein suchen nach neuen Peptiden in den Giften der
Kegelschnecken, die bestimmte Strukturen des Nervensystems,
Ionenkanäle und Rezeptoren, angreifen. Diese Strukturen können zum
einen im Rahmen der Schmerzweiterleitung eine Rolle spielen, zum
anderen aber auch in der Betäubung wichtig sein. Eines dieser Toxine
ist inzwischen als Arzneimittel mit dem Namen "Prialt" auf dem Markt.
Es hilft hocheffektiv gegen chronische Schmerzen. Die Vielzahl der in
einem Gift enthaltenen Conotoxine bietet somit eine Fülle von
Möglichkeiten zur Entwicklung von neuartigen, biologischen
Arzneimitteln.
Artenreichtum der Kegelschnecken: Potenzial für eine Vielzahl neuer
Wirkstoffe
Ferner wirft allein der Artenreichtum der Familie der Kegelschnecken
eine Fülle von Fragen für die Forscher auf. So ist von mindestens 200
Peptiden im Gift einer einzelnen Schnecke auszugehen, neuere
Untersuchungen haben gezeigt, dass es durchaus mehr sind. So würden
die 700 Arten mehr als 140.000 Substanzen bilden, die damit ein
überaus reiches Arsenal interessanter Wirkstoffe darstellen. Mit
modernen Methoden der Analytik soll die chemische Struktur dieser
Conotoxine aufgeklärt werden. In einer Reihe von Testsystemen soll
ihre Wirkung auf biologische Systeme wie Nervenmembranen, isolierte
Rezeptoren und Ionenkanäle aufgeklärt werden, um die Substanzen
herauszufinden, die sich für eine Weiterentwicklung zu einem
Arzneimittel eignen könnten. Eine eigens für das Projekt gegründete
Stiftung, die Toxinomics Foundation mit Sitz in Genf, ist im Rahmen
des CONCO-Großprojekts eine Neuerung und wird die verschiedenen
Forschungsaktivitäten koordinieren, die Ergebnisse und ihre Verwertung
verwalten, kontrollieren und schützen.
Das Kegelschnecken Genomprojekt
Von der Entschlüsselung der genetischen Bausteine der Kegelschnecken,
ihrer DNA-Sequenz, erhoffen sich die Forscher Einblicke in das System,
welches die Giftigkeit eines Tieres bestimmt. Das renommierte J. Craig
Venter Institut in Rockville, USA, in welchem das menschliche Genom
erstmals entschlüsselt wurde, ist in dieses Projekt eingebunden und
wird versuchen, auch das Genom einer Kegelschnecke aufzuklären.
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