Eine Forschergruppe, die von Prof. Gianaurelio Cuniberti, Professor
für Materialwissenschaften und Nanotechnologie an der TU Dresden,
koordiniert wird, hat nun erste Erfolge bei der Erforschung der
Nukleinsäuremoleküle bei einer Temperatur von minus 195 Grad Celsius
erbracht. Zusammengearbeitet hat das Team dabei mit der Hebräischen
Universität Jerusalem, der Universität Tel Aviv, dem
Materialforschungsinstitut INFM-CNR in Modena und dem
interuniversitären Konsortium CINECA in Bologna. Ihre Studie,
publiziert im renommierten Fachblatt Nature Materials, nutzt ein
Rastertunnelmikroskop, mit dem es möglich ist, einerseits den Strom zu
messen, der durch das auf einem Goldsubstrat aufgebrachte Molekül
fließt, und gleichzeitig die Anordnung der elektronischen Orbitale zu
beobachten.
Dank der theoretischen Berechnungen, die auf der Lösung bestimmter
Quantengleichungen fußen, war es den Wissenschaftlern möglich, die
elektronische Struktur zu bestimmen, die am ehesten mit dem gemessenen
Strom übereinstimmt, und dann herauszufinden, welche Elemente der
Doppelhelixstruktur dazu beitragen, dass Elektronen durch die
Doppelhelix wandern können. Um die Störungen gering zu halten, die
durch Verunreinigungen und andere Störungen verursacht werden, haben
die Forscher ein langgezogenes und etwas vereinfachtes Molekül
benutzt, das sich nur aus den beiden Nukleinbasen Guanin und Zytosin
zusammensetzt.
Das Potenzial dieser Entdeckung ist enorm: das Verständnis der
elektronischen Eigenschaften der DNA ist die Voraussetzung für eine
unendliche Anzahl weiterer Anwendungen in Bereichen, die von der
Biochemie bis zur Nanotechnologie reichen. Beispielsweise könnte es
nun möglich sein, genau zu erklären, wie ultraviolette Strahlung die
DNA angreift, wie genetische Mutationen so genannte "freie Radikale"
produzieren, und vor allem wie das Molekül darauf reagiert:
DNA-Reparaturen treten tatsächlich durch die Weitergabe elektrischer
Ladung innerhalb der Doppelhelix auf, die sich in veränderten
Molekülbindungen niederschlägt. Auf dem Feld der Nano-Bio-Elektronik
profitiert vor allem die Forschung an elektrischen Schaltkreisen, die
sich aus biologischen Molekülen zusammensetzen, von den neuen
Erkenntnissen. DNA wird dort als ein mögliches Gerüst für winzige
Nanodrähte angesehen, um mit ihnen "biologische Chips" entwickeln zu
können, die viel kleiner als die heutigen Bauteile auf Siliziumbasis
sind.
Diese Forschungsaufgaben werden in Dresden am Max-Bergmann-Zentrum für
Biomaterialien des Instituts für Materialwissenschaften der TU Dresden
fortgeführt, wo Prof. Cuniberti seit Oktober 2007 die Professur für
Materialwissenschaften und Nanotechnik leitet.
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