Galliumarsenid (GaAs) ist eines der wichtigsten Materialien für die
Halbleiter-Optoelektronik. Ein GaAs-Kristall besteht aus einem
regelmäßigen Gitter von Gallium- und Arsen-Atomen, wobei die
Galliumatome leicht positiv und die Arsenatome leicht negativ geladen
sind. Wenn sich ein Elektron langsam durch den Kristall bewegt, führt
dies zu einer Verzerrung des Kristallgitters in seiner Umgebung. Die
negative elektrische Ladung des Elektrons stößt negativ geladene Atome
ab und zieht positiv geladene an. Hierdurch werden die Atome in
Schwingungen um ihre Ruhelage versetzt: Gitterschwingungen, so
genannte Phononen, entstehen. "Das kann man sich vorstellen wie bei
einem schweren Ball, der über eine Matratze rollt", erläutert Michael
Woerner. "Die Metallfedern der Matratze werden zusammengedrückt und
entspannen sich wieder." Durch die Erzeugung von Gitterschwingungen
verliert das Elektron Energie und wird in seiner Bewegung gebremst.
Diese Abbremsung ist nichts anderes als der elektrische Widerstand
eines Materials. Dabei driften die Elektronen mit konstanter
Geschwindigkeit durchs Gitter. Dieses physikalische Bild ist die
Grundlage des seit etwa hundert Jahren bekannten Ohm'schen Gesetzes
für den elektrischen Widerstand. Eine gänzlich neue Situation tritt auf, wenn die Elektronen einen
Kavalierstart hinlegen, das heißt wenn sie - durch ein extrem hohes
elektrisches Feld - schneller als die Reaktionszeit der Atome in ihrer
Umgebung beschleunigt werden. Die Berliner Forscher verwenden zur
Beschleunigung ein elektrisches Feld von 2 Millionen Volt pro Meter,
das sie für eine extrem kurze Dauer von 0,3 Pikosekunden (1
Pikosekunde ist ein Millionstel einer Millionstel Sekunde) an den
Kristall anlegen. Die hierdurch hervorgerufene Bewegung der Elektronen
bilden sie mit ultrakurzen Lichtimpulsen im infraroten Spektralbereich
ab. Im Gegensatz zur Driftbewegung mit konstanter Geschwindigkeit, die
man bei kleinen elektrischen Feldern findet, wechselt
überraschenderweise die Geschwindigkeit der beschleunigten Elektronen
periodisch zwischen hohen und niedrigen Werten, das Elektron führt
eine Art Zitterbewegung aus. Theoretische Berechnungen haben dieses
experimentell gefundene Verhalten quantitativ bestätigt. Der Leiter der Forschergruppe, MBI-Direktor Prof. Thomas Elsässer,
sagt: "Die Tatsache, dass schnell beschleunigte Elektronen einerseits
Schwingungen der Atome anregen und andererseits von den schwingenden
Atomen abwechselnd gebremst und beschleunigt werden, ist von großer
Bedeutung für den Ladungstransport in Nanostrukturen." Dort könnten
aufgrund der geringen Abmessungen ähnlich starke elektrische Felder
auftreten. Elsässer fügt hinzu: "Unsere Ergebnisse bilden deshalb auch
eine Grundlage für die Optimierung der Transporteigenschaften von
Halbleiter-Nanobauelementen." |