Priv.-Doz. Dr. Ralf Dressel
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Krebszellen sind im Körper häufig Stress
ausgesetzt, zum Beispiel weil sie nicht optimal mit Sauerstoff oder
Nährstoffen versorgt werden. Sie reagieren darauf mit der Herstellung
bestimmter "Stress-Proteine". Diese helfen ihnen zu überleben. Die
Stressreaktion kann eine herkömmliche Behandlung mit Chemotherapie
erschweren. Einige Stress-Proteine, die von Krebszellen zu ihrem
Schutz hergestellt werden, alarmieren auch das körpereigene
Immunsystem, das auf diese Weise auf "gefährliche" Situationen im
Körper aufmerksam gemacht werden kann.
Die Immunologen um Dr. Ralf Dressel haben festgestellt: Krebszellen im
Tier-modell (Mäusen) wachsen langsamer als Kontrollzellen, wenn sie so
verändert wurden, dass sie große Mengen des Stressproteins HSP70
herstellen. Krebszellen, die HSP70 produzieren, bilden auch keine
Metastasen mehr, sie "streuen" nicht. Das Forscherteam um Privatdozent
Dr. Ralf Dressel erklärt sich diesen Effekt so: Das Stressprotein
HSP70 aktiviert offenbar so genannte "Natürliche Killer (NK)-Zellen".
Diese Killer-Zellen "haben die Lizenz", Krebszellen zu töten, wenn
diese bestimmte Merkmale auf ihrer Zelloberfläche aufweisen.
Was brauchen die "Killerzellen gegen Krebs", um zu wirken? "Wir haben
in Frage kommende Merkmale untersucht und festgestellt, dass in
Tumoren durch den zellulären Stress weitere Moleküle, so genannte
NKG2D-Liganden, produziert werden. Diese werden von aktivierten
Killer-Zellen erkannt und veranlassen sie, die Krebszellen zu töten",
sagt Dr. Dressel. Diese Erkenntnis gilt zunächst nur für Mäuse: Die
Stressproteine HSP70 und NKG2D-Liganden, die auf verschiedene
Stresssignale reagieren, können gemeinsam das Immunsystem gegen Krebs
aktivieren und so eine Streuung (Metastasierung) bei Krebserkrankungen
verhindern.
Das Göttinger Team untersucht nun, ob auch menschliche Killer-Zellen
durch HSP70 aktiviert werden können. "Wir hoffen, dass diese Zellen in
Zukunft genutzt werden können, um menschliche Krebsarten zu behandeln,
die NKG2D-Liganden aufweisen", sagt Dressel.
Die Ergebnisse der Grundlagenforschung wurden von Wissenschaftlern aus
den Abteilungen Zelluläre und Molekulare Immunologie, Hämatologie und
Onkologie, Genetische Epidemiologie und Medizinische Statistik der
Universitätsmedizin Göttingen sowie der Technischen Universität
München, der Universität Würzburg und des Deutschen Primatenzentrums
in Göttingen gewonnen. Beteiligt waren zudem Doktoranden und
Mitglieder des Göttinger Graduiertenkollegs "Die Bedeutung genetischer
Polymorphismen in der Onkologie: Von den Grundagen zur
individualisierten Therapie". Die Zusammenarbeit mit den Münchener
Wissenschaftlern erfolgt im Rahmen des Europäischen Verbundprojekts
TRANS-NET.
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