Nach der Analyse partieller und vollständiger Genomsequenzen von
mehreren hundert Tierarten ergab sich, dass schon die Kenntnis eines
bestimmten, winzigen Teils eines jeweiligen Genoms ausreicht, um die
Größenordnung der maximalen Lebensdauer einer Spezies vorherzusagen.
Dieser bestimmte Teil, das mitochondriale Genom, enthält meistens nur
13 Gene, welche in spezielle Proteine umgeschrieben werden, die alle
mit der Energiegewinnung durch Atmung und Sauerstoffverbrauch befasst
sind. Tiere, bei denen diese 13 Proteine chemisch besonders stabil
aufgebaut waren, lebten nun deutlich länger als solche Tiere, bei
denen sie leichter oxidierbar und somit instabiler waren. Aus dem
genauen Maß an genetisch kodierter Stabilität der 13 Proteine ließ
sich daraufhin die maximale Lebensdauer vorhersagen.
Die Bedeutung dieser Ergebnisse, die nun von der Zeitschrift Aging
Cell veröffentlicht wurden, besteht darin, dass die neue Methode
universell für fast alle bekannten Tiere anwendbar ist, also
beispielsweise für Wirbeltiere wie Säuger, Vögel und Fische, aber auch
für Krebse, Insekten und Würmer. Diese Tatsache belegt, dass die
basalen Mechanismen des biologischen Alterns offenkundig für alle
Lebewesen aus dem Tierreich dieselben sind, was für die Erforschung
des menschlichen Alterns von großer Relevanz ist. Darüber hinaus
demonstrieren die neuen Ergebnisse, dass die chemische
Oxidationsstabilität einiger weniger, aber zentraler Proteine für ein
hohes maximales Lebensdauerpotenzial essentiell ist, was die
sogenannte Oxidationstheorie des Alterns (auch Freie-Radikal-Theorie
des Alterns genannt) nachhaltig stützt. Die genannten 13 Gene werden
interessanterweise ausschließlich über die Mutter eines jeden
Individuums vererbt.
Zurzeit arbeiten die Wissenschaftler daran, die neue Vorhersagemethode
zu präzisieren und die Mechanismen, nach welchen sich die genannten 13
Gene und ihre Proteinprodukte während der Evolution verändert haben,
besser zu verstehen. Hierzu soll die Kooperation mit den
experimentellen Alternsforschern um Christian Behl, ebenfalls vom
Institut für Physiologische Chemie und Pathobiochemie, noch weiter
ausgebaut werden, um die Möglichkeiten für eine gezielte Manipulation
im Sinne einer Erhöhung der Stabilität der genannten 13
Atmungsproteine auszuloten.
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