Ultraschnelle Dynamik der Proteinfaltung
nachgewiesen.
Proteine sind die wichtigsten Funktionsträger der Zelle. Sie bestehen
aus einer oder mehreren linearen Ketten, deren Bausteine die Aminosäuren
sind. Ihre Aufgaben können Proteine aber nur erfüllen, wenn sich diese
Stränge in eine jeweils spezifische, dreidimensionale Struktur gefaltet
haben. Fehler bei diesem hoch komplexen Prozess können zu
neurodegenerativen Erkrankungen, etwa Alzheimer und Parkinson, aber auch
zu anderen Leiden führen. Dennoch ist die Proteinfaltung noch weitgehend
unverstanden. Ein Forscherteam um Professor Wolfgang Zinth, Lehrstuhl
für BioMolekulare Optik der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München
hat nun in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts
für Biochemie in Martinsried die Faltung und Entfaltung eines häufigen
Strukturmotivs von Proteinen untersucht. Wie in der Fachzeitschrift "Proceedings
of the National Academy of Sciences (PNAS)" in einem offenen Artikel
berichtet (siehe unten), läuft die Auflösung dieser so genannten
Haarnadelstruktur extrem schnell ab, während ihre Bildung etwa
100.000-mal länger dauert - wohl weil eine Vielzahl von Anordungen erst
getestet werden muss.
Die korrekte Faltung einer Aminosäurekette in ein funktionsfähiges
Protein, etwa ein Enzym, ist von fundamentaler Bedeutung für nahezu
alle Prozesse im Körper. "Eine besonders wichtige Rolle bei diesen
Vorgängen spielen die so genannten Betastrukturen der Proteine",
berichtet Projektleiter Zinth. "Bei diesen Faltblättern und
Haarnadelstrukturen laufen die Aminosäurestränge parallel oder
antiparallel zueinander." Für ihre Untersuchung nutzten die Forscher
eine einfache Haarnadelstruktur als Modell für die komplexeren
Faltblätter. In diesem Fall wurde zusätzlich ein Farbstoff eingebaut,
so dass die Struktur der Haarnadel durch Licht verändert werden
konnte. Diese Vorgänge - sowie die dabei gebildeten Zwischenstufen -
konnten nur mit Hilfe von Simulationsmethoden und der
Ultrakurzzeitspektroskopie verfolgt werden.
Denn die Prozesse der Faltung und Umfaltung erfolgten extrem schnell -
wenn auch mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Die Aufschaltung der
Haarnadelstruktur, also ihre durch Licht bewirkte Zerstörung, erfolgte
innerhalb weniger 100 Pikosekunden. Eine Pikosekunde ist der
millionste Teil einer millionstel Sekunde. Im Gegensatz dazu dauerte
die Faltung der Haarnadelstruktur etwa 100.000-mal länger. "Dieser
Unterschied wird offensichtlich dadurch verursacht, dass die beiden
Stränge der Haarnadel bei der Faltung erst verschiedene Anordnungen
austesten müssen, bevor die korrekte Struktur gefunden ist", meint
Zinth. "In Analogie kann man sich das Auffalten der Haarnadel wie das
Aufplatzen eines Reißverschlusses vorstellen, während beim Schließen
viele mögliche Anordnungen aktiv durchsucht werden müssen, bevor die
beiden Hälften korrekt aufeinander passen."
Quellen und Artikel:
-
Open Access Article: Tobias E. Schrader, Wolfgang J.
Schreier, Thorben Cordes, Florian O. Koller, Galina Babitzki, Robert
Denschlag, Christian Renner, Markus Löweneck, Shou-Liang Dong, Luis
Moroder, Paul Tavan, and Wolfgang Zinth: Light-triggered - hairpin folding and unfolding
Proceedings of the National Academy of Sciences,
PNAS, published September 24, 2007, DOI 10.1073/pnas.0707322104