Normalerweise chaotisch
Neben der elektrischen Ladung bringen Elektronen praktisch "umsonst"
eine weitere Eigenschaft mit: ihre Eigendrehung, Spin genannt. "Jedes
Elektron hat jeweils sowohl Ladung als auch Spin", erklärt Prof.
Wieck, "im Vergleich dazu hat ein Eiskunstläufer beispielsweise Grazie
und Drehung - Eigenschaften, die nicht unbedingt direkt zusammen
hängen müssen." Der Spin erzeugt je ein kleines Magnetfeld. Dieses
könnte man ebenso wie die elektrische Ladung für die
Informationstechnologie nutzen, sofern man es schafft, die unter
normalen Bedingungen chaotisch in alle Richtungen ausgerichteten
Magnetfelder aller Elektronen eines Atoms gleich auszurichten und
diesen Zustand lange genug aufrechtzuerhalten, dass
informationstechnische Prozesse möglich werden. Noch wird der Spin von
der Halbleiter-Elektronik überhaupt nicht genutzt.
Winzig kleine Magnetfelder
Das soll die neu zu entwickelnde "Spintronik" ändern: durch die
"Spin-Polarisation". Im weltweiten Rennen der Forscher um möglichst
anwendungsfreundliche Spintronik-Bauelemente ist die Ruhr-Universität
ganz vorne mit dabei. Die Arbeitsgruppe von Prof. Wieck stellt seit
Jahren die besten "Quantenpunkte" her, in denen Spinphänomene
besonders gut studiert und zur Anwendung gebracht werden können.
"Diese Quantenpunkte haben etwa die Form eines "Hamburger-Oberteiles",
nur sind sie drei Millionen mal kleiner und es würden rund fünf
Milliarden mal fünf Milliarden Quantenpunkte in eine echte
Brötchenhälfte hineinpassen", veranschaulicht Wieck die winzigen
Dimensionen, in denen die Forscher experimentieren.
Atomkerne sind das Gedächtnis
Das für die Forscher Interessante an den Quantenpunkten ist, dass
jeder mit genau einem Elektron besetzt werden kann. Dessen Spin wird
in einer Kooperation mit Dortmunder Physikern um Prof. Manfred Bayer
durch einen Laserpuls ausgerichtet und überträgt sich auf die
umgebenden Atomkerne im Quantenpunkt. Diese Atomkerne sind dann "spin-polarisiert"
und halten ihre Polarisation - im Gegensatz zu den "vergesslicheren"
Elektronen - einige zehn Minuten. Das ist mehr als Zeit genug, um in
aller Ruhe logische Operationen wie Rechenschritte oder sonstige, in
Computern übliche Programme durchzuführen. Danach kann die
Kernpolarisation durch einen zweiten Laserstrahl bequem wieder
ausgelesen werden. Oder durch einen weiteren Puls überschrieben oder
gelöscht, je nach Bedarf. "Ein wenig ähnelt dieses Verfahren der
Kernspintomographie, bei der durch ein starkes Magnetfeld die Spins
der Atomkerne in den Körperzellen gleich ausgerichtet werden, nur,
dass hier nicht der menschliche Körper, sondern nanoskopische
Quantenpunkte vermessen werden", so Wieck. "Durch ihre große Anzahl
und Packungsdichte bedeuten sie einen erheblichen Fortschritt für die
Informationsverarbeitung."
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