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Chinin |
Hatten sie's oder hatten sie's nicht, das war
jahrzehntelang die Frage. Woodward und Doering veröffentlichten 1944
die Synthese von d-Chinotoxin. Aus einer 1918 von Rabe und Kindler
beschriebenen Umwandlung von d-Chinotoxin in Chinin leiteten sie einen
Anspruch auf die Totalsynthese von Chinin ab, hatten diesen letzten
Schritt jedoch in den Arbeiten zu ihrer berühmten Veröffentlichung gar
nicht nachgekocht. Ihre "formale" Totalsynthese wurde stark
angezweifelt und in 2001 von Gilbert Stork (Columbia University) gar
als "Mythos" abgetan.
"Chinin und Cinchona-Alkaloide spielen eine wichtige Rolle in der
modernen Medizin. Daher ist es verwunderlich, dass noch keine Versuche
veröffentlicht sind, die Rabe-Kindler-Umsetzung von Chinotoxin zu
Chinin zu wiederholen," wundert sich Williams. Smith und Williams
haben sich die alten Unterlagen durchgesehen, weitere Referenzen
recherchiert und sich daran gemacht, die von Rabe und Kindler
aufgezeichneten Versuchsanleitungen nachzuahmen - und zwar
ausschließlich mit damals bereits zur Verfügung stehenden Techniken.
Zunächts stießen sie auf Schwierigkeiten, die Ausbeute an Chinin war
viel zu gering. Als Knackpunkt erwies sich das im letzten
Reaktionsschritt als Reduktionsmittel eingesetzte Aluminiumpulver: Es
darf nicht frisch sein, sondern muss bereits eine Weile an der Luft
gealtert sein, damit ein wenig Aluminiumoxid entstehen kann. Dann
klappt es auch mit dem Chinin in Ausbeuten, wie in den alten
Veröffentlichungen beschrieben.
"Analytisch reines Chinon lässt sich daraus isolieren durch eine
selektive Kristallisation der entsprechenden Tartratsalze, so wie Rabe
das 1939 beschrieben hat," sagt Williams. "Damit haben wir die 1918er
Veröffentlichung von Rabe und Kindler bestätigt. Diese Reaktionsfolge
hätte theoretisch auch 1944 von Woodward und Doering nachgekocht
werden können."
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