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Publiziert am 15.01.2008 Infos zum Internetchemie RSS News Feed

Biologisches Werkzeug für Kohlenstoff-Nanoröhrchen


 
In der Biologie ist das Schlüssel-Schloss-Prinzip weit verbreitet. Dresdner Forscher nutzen dieses Prinzip, indem sie einzelne DNA-Stränge als Werkzeug zum Sortieren von Kohlenstoff-Nanoröhrchen einsetzen. Das neue Hybrid-Material ist ein Schritt hin zu einem elektronischen Nano-Bauelement. Hierzu erschienen bereits Artikel, die in der Fachwelt Aufsehen erregten (z.B. in den Fachjournalen "European Physical Journal" und "Nanotechnology", siehe unten).

In der DNA sind die Erbinformationen durch die Aufeinanderfolge einzelner Eiweißstoffe gespeichert. Sie sieht aus wie eine gedoppelte Wendeltreppe. Entfernt man einen Strang, so bietet die offene Wendeltreppe eine lange Kette winzigkleiner Schlüssel, die regelmäßig um einen röhrenförmigen Hohlraum angeordnet sind. Ein Forscherteam von der Technischen Universität Dresden (TUD) und vom Forschungszentrum Dresden-Rossendorf (FZD) benötigt für die Entwicklung eines neuartigen Nano-Bauelements Kohlenstoff-Nanoröhren mit wohldefinierten Eigenschaften.

Elektronische Wechselwirkung zwischen DNA und Nanoröhre

Elektronische Wechselwirkung zwischen DNA und Nanoröhre im Querschnitt (oben) und von der Seite (unten). Für die kleinere Röhre links im Bild ist im Querschnitt zu erkennen, dass die zentrale Röhre nur wenig beteiligt ist. Die größere Röhre rechts wechselwirkt dagegen stark, vor allem mit mehreren DNA-Strängen

(Abb.: A. Enyashin, TU Dresden)

Diese Röhrchen mit nur einigen Nanometern Durchmesser entstehen nicht zuletzt beim Grillen im Garten. Im industriellen Herstellungsprozess ist es - genauso wie beim Grillen - bisher nicht möglich, größere Mengen an Röhrchen einer bestimmten Größe sortenrein herzustellen. Man erhält vielmehr ein Gemisch aus halbleitenden und metallischen Sorten mit unterschiedlichen Strukturen. Hieraus nur die gewünschte Sorte herauszufiltern, ist schwierig, weil die Röhrchen zu Bündeln zusammenkleben, die nahezu unlöslich sind.

Wissenschaftler der TUD griffen die Idee auf, DNA-Ketten zur Aussonderung von Nanoröhrchen aus dem unlöslichen Gemisch zu nutzen. Die Größenordnung der offenen DNA-Wendeltreppe passt ideal für Röhrchen mit einem Durchmesser von 0,3 bis 0,4 Nanometer (ein Millionstel Millimeter). Gibt man aus Bakterien gewonnene oder synthetische DNA-Ketten in das vorher kräftig geschüttelte Gemisch von Nano-Röhren, so legen sich die DNA-Ketten wie Spiralen ganz gezielt nur um passende Röhren. Die DNA-Schlüssel finden also nur bei bestimmten Durchmessern die dazugehörigen Schlösser auf den Röhren und es entsteht ein neues Hybrid-Material. Der Vorteil: die Röhrchen sind nun wasserlöslich, was die Weiterverarbeitung enorm vereinfacht. Theoretische Berechnungen begleiteten die Experimente. Forscher von TUD und FZD erfassten erstmals systematisch auf quantenmechanischer Ebene die Wechselwirkung zwischen den biologischen DNA-Molekülen und den Kohlenstoff-Röhrchen. Für einige Fälle konnten sie nachweisen, dass die Elektronen beider Systeme stärker wechselwirken als mit einfacheren Modellen vorausgesagt. Dies ist ein Beleg für die DNA-gesteuerte Auswahl bestimmter Röhrchentypen, die zuvor von amerikanischen Wissenschaftlern berichtet wurde. Kohlenstoff-Nanoröhrchen allein werden heute schon vielfältig eingesetzt, etwa in der Sporttechnik oder in Sensoren. Werden die Dimensionen jedoch kleiner, so ist ein wohldefiniertes Herstellungsverfahren mit der Möglichkeit der gezielten Selektion von leitfähigen Kohlenstoff-Nanoröhrchen unabdingbar. Die neuen Berechnungen bilden eine wichtige Basis hierfür.

Bio-Nano-Verbindung

Bildung einer Bio-Nano-Verbindung aus DNA-Strang und Kohlenstoff-Nanoröhre.

(Abb.: A. Enyashin, TU Dresden).

Die von DNA-Ketten sortierten und eingehüllten Kohlenstoff-Nanoröhrchen können definiert elektrischen Strom leiten. Damit eignen sie sich ideal als zentraler Bestandteil für das geplante nanoskalige Bauelement, einen Nano-Feldeffekt-Transistor. An solchen Nanoröhrchen-basierten Transistoren wird derzeit weltweit intensiv geforscht; das Besondere an der Dresdner Herangehensweise ist, dass ein ferroelektrisches Trägermaterial eingesetzt wird. Ein solches Trägermaterial ist aus geladenen Teilchen aufgebaut, deren Anordnung durch externe Kräfte gezielt und reversibel verändert werden kann. Damit soll es möglich werden, dass eine externe Krafteinwirkung auf der Nanometerskala das elektrische Feld des Transistors ein- und ausschaltet, was für Computer oder Nano-Maschinen der Zukunft von Vorteil sein könnte. Dr. Michael Mertig von der TUD und seinen Mitarbeitern ist es bereits gelungen, einen Transistor auf der Basis von DNA-eingehüllten Nanoröhren herzustellen und in der Gruppe von Prof. Lukas Eng wurden bereits einzelne Elemente des noch kleineren ferroelektrischen Nano-Feldeffekt-Transistors realisiert.

Prof. Gotthard Seifert, Dr. Andrey Enyashin (TUD) und Dr. Sibylle Gemming (FZD) konnten mit quantenmechanischen Berechnungen die Wechselwirkungen zwischen biologischem und physikalisch-chemischem System erstmals systematisch unter Berücksichtigung der elektronischen Effekte analysieren. Dabei ergaben sich Belege für die besonders große Selektivität einiger DNA-Schlüssel für ganz bestimmte Röhrchentypen. Für diese Arbeiten wurde Dr. Enyashin vor kurzem zum Nachwuchswettbewerb "1nside Edge" der Firma Samsung Electro-Mechanics nach Incheon (Korea) eingeladen und dort mit der Bronzemedaille ausgezeichnet.

 

Quellen und Artikel:

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S. Gemming, R. Luschtinetz, I. Chapylgin, G. Seifert, C. Loppacher, L.M. Eng, T. Kunze, C. Olbrich:
Polymorphism in ferroic functional elements.
In: European Physical Journal, Special Topics 140, S. 145 - 171 (2007); doi 10.1140/epjst/e2007-00248-x.

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A. N. Enyashin, S. Gemming, G. Seifert:
DNA-wrapped carbon nanotubes.
Nanotechnology, 2007, 18, 245702, doi: 10.1088/0957-4484/18/24/245702.

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S. Taeger, M. Mertig:
Self-assembly of high-performance multi-tube carbon nanotube field-effect transistors by ac dielectrophoresis.
In: International Journal of Materials Research 98, 742-748 (2007); DOI: 10.3139/146.101530.

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Quelle: Forschungszentrum Dresden-Rossendorf (FZD); Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung

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Technische Universität Dresden; Arbeitsgruppe für Theoretische Chemie

 

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