Das so genannte hexagonale Eis ist die übliche Kristallform von
Eiskristallen. Die Sauerstoffatome der Wassermoleküle sind dabei in
einem tetraedrischen Gitter angeordnet. Jedes Wassermolekül ist über
Wasserstoffbrückenbindungen mit vier benachbarten Molekülen verbunden,
man zählt also je zwei Brücken pro Molekül. In Wasser werden
durchschnittlich nur etwa 1,75 Wasserstoffbrückenbindungen pro Molekül
gefunden.
Was passiert beim Schmelzen? Carl Caleman und David van der Spoel ist
es nun gelungen, am Computer „Schnappschüsse“ von schmelzenden
Eiskristallen zu simulieren. Diese so genannten
Moleküldynamiksimulationen sind ideal, um Prozesse wie Schmelzen oder
Einfrieren besser zu verstehen, denn sie ermöglichen es, gleichzeitig
die Struktur und die Dynamik eines Systems mit atomarer Auflösung und
mit einer zeitlichen Auflösung im Femtosekundenbereich (10–15 s) zu
beschreiben.
Wie die Simulation zeigte, bringt die Energie des Laser-Pulses
zunächst die OH-Bindungen der Wassermoleküle zum Schwingen. Direkt
nach dem Puls erreicht die Vibrationsenergie ihr Maximum. Nach etwa
einer Pikosekunde hat sich ein Großteil der Vibrationsenergie in
Rotationsenergie umgewandelt. Die Moleküle beginnen, sich aus ihren
Positionen im Kristall herauszudrehen, ihre
Wasserstoffbrückenbindungen brechen. Nach etwa drei bis sechs
Pikosekunden nehmen die Rotationen zu Gunsten von
Translationsbewegungen ab. Die Moleküle sind nun frei beweglich, die
Kristallstruktur bricht zusammen. Dieser Vorgang findet zunächst lokal
an einzelnen Stellen des Kristalls statt. Ist die Symmetrie erst
einmal durchbrochen, ist die Wahrscheinlichkeit für Schmelzprozesse in
der direkten Umgebung des Kristalldefekts deutlich erhöht, der
Schmelzvorgang breitet sich von dieser Stelle nach und nach weiter
aus. An anderen Stellen kann das Eis noch eine Weile als Kristall
bestehen bleiben.
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