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Publiziert am 15.01.2008 Infos zum Internetchemie RSS News Feed

Duftstoffe aus Orangensaft und Reis können menschliche Pheromonrezeptoren aktivieren


 
Potsdam-Rehbrücke - Aromastoffe aus Orangensaft und Reis, die auch im menschlichen Schweiß zu finden sind, können Pheromonrezeptoren des Typ-1 (VN1-Rezeptoren) aktivieren. Zu diesem Ergebnis kam ein Forscherteam um Dietmar Krautwurst vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE). Die Wissenschaftler entwickelten ein spezielles Zellkultursystem, mit dem sie die fünf menschlichen VN1-Rezeptoren erstmalig funktionell charakterisierten. Dabei gelang es ihnen, 19 Duftstoffe zu identifizieren, die an die Rezeptoren binden und sie so aktivieren. Krautwurst und seine Kollegen veröffentlichten ihre Ergebnisse online in der angesehenen Fachzeitschrift The FASEB Journal (Shirokova, E. et al., siehe unten). Die gedruckte Version erscheint in der Mai-Ausgabe 2008.

Pheromone sind Substanzen, die von Individuen einer Spezies abgegeben werden und für die biochemische Kommunikation innerhalb dieser Spezies wichtig sind. Zu ihnen zählen beispielsweise Sexuallockstoffe oder auch Alarmbotenstoffe, die oft schon im pikomolaren *) Bereich wirksam sein können. Das heißt, bereits wenige Moleküle dieser Substanzen können eine psychologische oder physiologische Reaktion wie eine veränderte Stimmungslage oder einen beschleunigten Herzschlag auslösen. Auch beim Menschen lassen sich Effekte beobachten, die auf Pheromone zurückgeführt werden könnten. Bei Frauen, die in engen Wohngemeinschaften leben, synchronisiert sich beispielsweise der weibliche Zyklus. Wissenschaftler vermuten, dass hierfür eine bislang unbekannte Pheromon-Komponente im Achselschweiß verantwortlich ist.

Während Mäuse mehr als 180 verschiedene Gene für Pheromonrezeptoren des Typ-1 besitzen, verfügt der Mensch nur noch über fünf solcher Gene. Ob diese Gene die Baupläne für funktionstüchtige Rezeptorproteine enthalten und wenn ja, welche Duftstoffe diese Rezeptoren aktivieren, war bislang unbekannt und Gegenstand vieler Diskussionen. Um zur Klärung beider Fragen beizutragen, entwickelten die DIfE-Wissenschaftler ein zelluläres Testsystem. Mit diesem untersuchten und verglichen sie die Duftstofferkennung und Signalweiterleitung aller fünf menschlichen Rezeptoren.

Die Forscher testeten 140 verschiedene Duftstoffe, von denen 19 Substanzen rezeptorvermittelte Signale in den Zellen des Testsystems auslösten. Bei den identifizierten Duftstoffen handelt es sich zumeist um kurzkettige aliphatische **) Alkohole und Aldehyde. Einige dieser Substanzen kommen im Achselschweiß vor und könnten somit eine Rolle für die zwischenmenschliche Kommunikation spielen. Da diese Substanzen aber auch maßgeblich das Aroma von Orangensaft oder gekochtem Reis bestimmen, sind sie gleichzeitig als Schlüsselaromastoffe von Lebensmitteln zu betrachten.

"Nach unseren Ergebnissen sind alle fünf menschlichen Typ-1-Pheromonrezeptoren prinzipiell funktionsfähig. Zudem lassen unsere Daten, und auch Befunde anderer Arbeitsgruppen vermuten, dass einige der von uns identifizierten Duftstoffe sowohl als Aromastoff als auch als Pheromon wirken könnten", erklärt Krautwurst. Ob die untersuchten fünf Rezeptoren beim Menschen in der Tat eine Rolle für die biochemische, zwischenmenschliche Kommunikation spielen, könne nach Aussage der Wissenschaftler nur ein Blick auf das Gehirn klären. Denn das Gehirn entscheidet letztendlich darüber, wie ein Geruch auf uns wirkt - ob wir ihn beispielsweise attraktiv oder abstoßend finden.

 

Hintergrundinformation:

Der Geruchssinn ermöglicht uns, tausende Geruchsstoffe zu erkennen, zu unterscheiden und zu beurteilen. Allein aus Lebensmitteln sind 8.000 solcher Stoffe bekannt. Daher beeinflusst unser Geruchssinn die Entstehung von Nahrungspräferenzen und Ernährungsgewohnheiten. Ebenso spielt er auch eine wesentliche Rolle für die Kommunikation innerhalb einer Spezies, zumindest im Tierreich.

Geruchsstoffe werden orthonasal durch die Nase, oder retronasal durch den Rachenraum wahrgenommen, indem sie mit spezifischen Eiweißmolekülen, den Geruchsrezeptoren der sensorischen Nervenzellen in der Geruchsschleimhaut, in Wechselwirkung treten. Von hier aus wird die Geruchsinformation direkt ins Gehirn vermittelt. Es gibt ca. 390 Gene für menschliche Geruchsrezeptoren, jedoch wurden erst für 8 dieser Rezeptoren Geruchsstoffliganden beschrieben.

Pheromone (altgriechisch: pherein "überbringen, übermitteln, erregen" und hormon "bewegen") sind Naturstoffe, die der biochemischen Kommunikation zwischen Lebewesen einer Spezies dienen.

Die chemische Kommunikation zwischen Organismen mittels Pheromonen erfolgt nach den gleichen Prinzipien wie die technische Signalübermittlung. Ein Sender, z.B. die Drüse eines weiblichen Insekts, gibt das Signal in Form einer chemischen Substanz ab. Diese wird über ein Medium wie Wasser oder Luft übertragen. Vom Empfänger, z.B. den Pheromonrezeptoren in der Antenne eines Insektenmännchens, wird der Stoff empfangen und löst dann eine Verhaltensreaktion aus. [Quelle: Wikipedia]


  *) pikomolar = 10hoch-12 Mol pro Liter/ Ein Mol eines Stoffe entspricht 6 X 10hoch23 Teilchen
**) aliphatisch = im Molekül sind nur offene Atomketten vorhanden

 

Quellen und Artikel:

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Elena Shirokova, Jan Dirk Raguse, Wolfgang Meyerhof, and Dietmar Krautwurst:
The human vomeronasal type-1 receptor family - detection of volatiles and cAMP signaling in HeLa/Olf cells.
In: FASEB Journal, first published on December 20, 2007; doi: 10.1096/fj.07-9233com.

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Quelle: Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke

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Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören 83 außeruniversitäre Forschungsinstitute und forschungsnahe Serviceeinrichtungen. Diese beschäftigen etwa 13.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Stand 12/2006). Davon sind ca. 5.400 Wissenschaftler (inkl. 2.000 Nachwuchswissenschaftler). Leibniz-Institute arbeiten interdisziplinär und verbinden Grundlagenforschung mit Anwendungsnähe. Sie sind von überregionaler Bedeutung und werden von Bund und Ländern gemeinsam gefördert. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,1 Mrd. Euro pro Jahr. Die Drittmittel betragen etwa 225 Mio. Euro pro Jahr.

 

Weitere Informationen:

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