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Stoffwechselkarte (KEGG, Kanehisa Laboratories)
Grafik: C. Kruppa
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Das Team um Prof. Dr. Karsten Suhre vom Institut für Bioinformatik und Systembiologie am Helmholtz Zentrum München und der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), sowie Dr. Christian Gieger und Privatdozent Dr. Thomas Illig vom Institut für Epidemiologie am Helmholtz Zentrum München bestimmte in Kooperation mit der Innsbrucker Firma Biocrates Life Sciences AG die Blutwerte von mehreren hundert Stoffwechselprodukten (Metaboliten) sowie gleichzeitig mehr als 100 000 DNA-Varianten (SNPs) von 284 erwachsenen Versuchspersonen. Grundlage bildeten hier Blutproben von Teilnehmern der populationsbasierten KORA-Studie (Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg, Leitung: Prof. Dr. H.-Erich Wichmann). Durch die Kombination von umfassenden genetischen Daten mit Metaboliten-Daten identifizierten die Wissenschaftler Varianten (SNPs) in mehreren Genen. Diese kodieren für Enzyme, die wichtige Aufgaben im Haushalt von Fetten, Zuckern und Kohlehydraten des Körpers erfüllen. Personen, die sich durch derartige Genvarianten voneinander unterscheiden, weisen gleichzeitig eine unterschiedliche Aktivität der betroffenen Enzyme auf, was sich in unterschiedlichen Metabolitenkonzentrationen im Serum zeigt. "Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich um Personen mit genetisch bedingten unterschiedlichen Metabolitenmustern, also Metabotypen", erklärt Suhre. Diese seien zumindest teilweise vergleichbar mit den unterschiedlichen Ausprägungen der Haarfarbe: Auch diese ist bekanntlich auf genetische Variationen zurückzuführen. Rothaarige Personen etwa reagieren sensibler auf Sonneneinstrahlung als dunkelhaarige. Ähnlich könnte es sich bei den hier identifizierten genetischen Variationen verhalten, die für unterschiedliche Metabotypen verantwortlich sind. Während die eine Gruppe auf "metabolischen Stress" wie kurzfristige Nahrungskarenz oder fettreiche Nahrung relativ robust reagieren kann, kommt es in der anderen Gruppe möglicherweise zu mehr oder minder ausgeprägten körperlichen Beeinträchtigungen, deren genaues Ausmaß nun in Folgestudien studiert werden kann. Suhre: "Im Gegensatz zur Haarfarbe, die sich dem Betrachter bereits auf den ersten Blick erschließt, ist es jedoch im Falle des Metabolismus wesentlich aufwendiger, die Rolle zu identifizieren, die die jeweilige Genvariante im Stoffwechsel des Betroffenen spielt." Mit dieser Studie gelang es der institutsübergereifenden Arbeitsgruppe nun erstmals, mehrere solcher Zusammenhänge durch eine genomweite Analyse herauszukristallisieren. Die Identifizierung genetisch bedingter Variationen im Stoffwechselhaushalt kann in Zukunft zur Vorhersage von Risiken hinsichtlich bestimmter medizinischer Phänotypen, möglicher Reaktionen auf Medikamentenbehandlung, Ernährungs- oder Umwelteinflüsse genutzt werden. Damit stellen die Ergebnisse einen ersten Schritt in Richtung personalisierte Medizin und Ernährung dar, die auf der genetischen und metabolischen Charakterisierung von Patienten basiert.
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