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Mikroskopaufnahme der verwendeten E. coli Bakterie. Die dünnen
schwarzen Fäden sind 1-2 µm lange Fimbrien, über die ein direkter Kontakt
zwischen Zelle und Bakterium entsteht.
[Copyright: Thisbe
K. Lindhorst]
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Bakterien spielen für den Menschen eine große Rolle.
Sie bilden beispielsweise die Darmflora, die notwendig für die
Verdauung ist. Sie können aber auch eine Vielzahl von Krankheiten
hervorrufen, wie Meningitis oder andere Entzündungen. Alle Bakterien
haben jedoch gemeinsam, dass sie sich zunächst an die Oberfläche ihrer
Wirtszellen binden müssen, um ihre Wirkung zu entfalten. Dazu besitzen
die meisten Arten sogenannte Fimbrien. Das sind haarähnliche Fäden von
einem bis zwei µm Länge. (1 µm entspricht einem Tausendstel
Millimeter. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar hat einen Durchmesser
von ca. 70 µm.) Die Enden dieser Fimbrien bleiben an den zuckrigen
Außenschichten der Wirtszellen haften (Adhäsion genannt). So sind sie
gegen das Wegspülen durch Blut oder ähnliche Sekrete geschützt und
können ungehindert mit der Vermehrung beginnen.
"Jede einzelne Zelle ist von Zucker umgeben", erklärt Hartmann. "Doch
welche Mechanismen dazu führen, dass die Fimbrien an der komplexen
Oberfläche der Wirtszellen hängen bleiben, ist bisher nicht bekannt".
In der neuen Methode geht es darum, die Zuckeroberfläche von Zellen
auf Testplatten künstlich herzustellen. "Die synthetische Oberfläche
erlaubt uns, einzelne Parameter zu kontrollieren und so die
Bedingungen für ein Verkleben von Zelle und Bakterium zu simulieren",
so Hartmann weiter. Nachdem die Zuckeroberfläche hergestellt ist,
werden speziell präparierte Bakterien aufgebracht, die entweder
fluoreszieren oder durch eine grünliche Färbung sichtbar werden. So
lässt sich feststellen, unter welchen Bedingungen die Bakterien am
besten haften und wie Moleküle geschaffen sein sollten, um
antibakteriell zu wirken.
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Auf der künstlichen
Zuckeroberfläche (unten) werden zwei Bakterienarten aufgebracht.
Links ein Bakterium, dessen Fimbrien mit Biotin markiert sind.
Dieses Biotin geht eine Verbindung mit einem speziellen Protein
ein, das durch Grünfärbung sichtbar gemacht werden kann. Rechts
ein Bakterium, dessen Struktur so verändert wurde, dass es
fluoresziert.
[Copyright: Mirja Hartmann,
Quelle: ChemComm] |
"In Zeiten von Antibiotikaresistenzen ist dies ein
viel versprechender Ansatz", so Lindhorst. Immer mehr
krankheitserregende Organismen bilden Schutzmechanismen gegen die
traditionelle Behandlung mit Antibiotika aus. "Mit der Erforschung der
bakteriellen Adhäsion kann man in Zukunft die molekularen
Interaktionen auf der zuckerummantelten Zelloberfläche besser
verstehen", erklärt Lindhorst weiter. Dadurch kann die pharmazeutische
Chemie weiterentwickelt werden, um neue Wege für Umgehung von
Antibiotikaresistenzen zu finden. Damit neue synthetische Wirkstoffe
aber nicht auch die Ansiedlung lebensnotwendiger Bakterien und andere
physiologische Prozesse verhindern, ist die Weiterführung der
begonnenen Grundlagenforschung unerlässlich.
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