Forscher entdecken biologischen Standby-Modus beim Proteinabbau.
Grundlagenforscher der Charité - Universitätsmedizin Berlin konnten jetzt erstmals zeigen, wie der Abbau von Proteinen in der menschlichen Zelle genau funktioniert. In einer Ausgabe der Fachzeitschrift "Nature Structural & Molecular Biology"* beschreiben sie, auf welche Weise es ihnen gelungen ist, bisherige Annahmen zu widerlegen.
Proteine, umgangssprachlich auch Eiweiße genannt, sind die Grundbausteine aller Zellen. In jeder Zelle existieren zwei verschiedene Orte des Proteinabbaus, einer davon ist das Proteasom. Dessen Aufgabe besteht darin, unter Verbrauch von Energie speziell markierte Proteine in der Zelle effizient zu zerkleinern. Bisher ist man von der Annahme ausgegangen, dass das Proteasom selbst dann voll aktiv ist und damit viel Energie benötigt, wenn es gerade kein Protein zerkleinert.
Die Arbeitsgruppe um Prof. Peter-Michael Kloetzel, Direktor des Instituts für Biochemie am Campus Charité Mitte, konnte zeigen, dass es beim Proteasom auch einen "Energiespar-Modus" gibt. "Es ist zwar tatsächlich ständig in Bereitschaft, aber erst dann, wenn das Proteasom mit einem zum Abbau markierten Protein in Kontakt kommt, wird es richtig angeschaltet", erklärt Prof. Kloetzel. Durch diese biologische Standby-Funktion vermeidet die Zelle unnötigen Energieverbrauch.
Nachweisen konnten die Forscher diese Standby-Funktion im Reagenzglas. Sie versahen ein künstlich hergestelltes Protein mit einem Abbaumarker und legten dieses Protein anschließend in eine Nährstofflösung mit Proteasomen, sozusagen eine künstlich hergestellte Zellflüssigkeit. Ergebnis: Die Proteasome wurden schlagartig aktiver, wenn sie auf das markierte Protein trafen. "Die Erforschung des energiesparenden Proteinabbaus ist ein wichtiger Schritt für das Verständnis des Stoffwechsels in der Zelle", sagt Prof. Kloetzel.
Der Aktivitätszustand des Proteasoms und damit dessen Fähigkeit, Proteine spezifisch abzubauen, ist zudem von großer Bedeutung für die korrekte Funktion der Zelle und somit direkt und indirekt an der Entstehung von Erkrankungen des Immunsystems sowie von Krebs und Parkinson beteiligt. Wie sich eine verlangsamte Aktivität des Proteasoms, beispielsweise im Alter, auf diese Krankheitsbilder auswirkt, wird derzeit in weiteren Studien erforscht.
Quellen und Artikel:
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Dawadschargal Bech-Otschir, Annett Helfrich, Cordula Enenkel, Gesa Consiglieri, Michael Seeger, Hermann-Georg Holzhütter, Burkhardt Dahlmann & Peter-Michael Kloetzel: Polyubiquitin substrates allosterically activate their own degradation by the 26S proteasome. In: Nature Structural & Molecular Biology; 16, 219 - 225, published online: 25 January 2009 DOI: 10.1038/nsmb.1547 URL: direct link