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DNA-Schnipsel hilft bei Blutvergiftungen

Bei schweren Blutvergiftungen kann eine Gabe von aktiviertem Protein C (APC) Leben retten ...




Das entzündungshemmende Enzym erfüllt in jedem Menschen noch eine weitere wichtige Funktion: Während der Wundheilung löst APC unerwünschte kleine Gerinnsel auf, die Adern und Organe verstopfen könnten. Unter Umständen drohen dann schwere Blutungen. Forscher der Universität Bonn berichteten nun in einer Ausgabe der Fachzeitschrift "Chemistry & Biology", dass sie einen molekularen Schlüssel gefunden haben, der APC nach Bedarf abschalten kann [siehe unten].

Ein unachtsamer Moment beim Zwiebelschneiden, und schon blutet der Finger. Selbst bei winzigen Wunden wird im Blutkreislauf eine komplizierte Gerinnungskaskade in Gang gesetzt. An dessen Ende verschließt ein Gerinnsel aus Fibrin und Blutplättchen die Verletzung und stoppt die Blutung. Diese Kaskade soll aber nicht über das Ziel hinausschießen. Sonst droht das verklumpte Blut in Form von Gerinnseln Adern zu verstopfen. Um das zu verhindern, hat der Körper im Laufe der Evolution verschiedene Systeme entwickelt, die der Gerinnung und möglichen Thrombosen entgegenwirken. Zum Beispiel wird das im Blut gelöste Protein C immer dann aktiv, wenn Gerinnungsfaktoren an nicht beschädigte Blutgefäßzellen binden. Das aktivierte Protein C (APC) spaltet dann die Gerinnungsfaktoren und verhindert somit eine weitere Verklumpung des Blutes.

Gleichzeitig hat das aktivierte Protein C noch eine weitere Funktion: Es schützt Körperzellen vor Infektionen. Diese entzündungshemmende Eigenschaft haben sich Mediziner für schwere Fälle von Blutvergiftungen zunutze gemacht, indem sie den Patienten eine Dosis APC injizieren. Leider vertragen manche Patienten diese Maßnahme schlecht. Die Gerinnung wird bei ihnen durch das APC derart gehemmt, dass es zu Blutungskomplikationen kommt.

 

DNA-Schnipsel als Schalter

Zusammen mit dem Chemiker Dr. Günter Mayer vom Kekulé-Institut für Organische Chemie und Biochemie hat das Team um Dr. Bernd Pötzsch vom Institut für experimentelle Hämatologie im Labor lange getüftelt. Jetzt könnten sie nach zahlreichen molekularen Selektionsverfahren ein Werkzeug gefunden haben, mit dem sich APC einfach wieder deaktivieren lässt: Ein so genanntes Aptamer, ein synthetisch hergestellter DNA-Schnipsel. Dank seiner speziellen dreidimensionalen Struktur kann es genau an eine bestimmte Region des APC andocken. Dadurch wird die gerinnungshemmende Funktion des Enzyms selbst gehemmt. Die zellschützende, entzündungshemmende Funktion bleibt in seiner Wirkung dagegen unbeeinflusst. "Das Molekül, das wir hergestellt haben, ließe sich als Gegenmittel einsetzen, wenn es bei einem mit APC behandelten Patienten zu einer akuten Blutung kommt", so Studienleiter Bernd Pötzsch.

Das Entscheidende an dem Aptamer-Molekül sei, dass es die aktivierte Form des Protein C sehr spezifisch erkennen könne, ergänzt Pötzschs Kollege Dr. Jens Müller. Das ist ein Kunststück: Die inaktivierte Form unterscheidet sich vom aktivierten Protein allein durch 12 Aminosäuren. Durch die hohe Bindungsspezifität könne auch die jeweilige Anzahl des APC im Körper recht genau bestimmt werden. Die Wissenschaftler glauben, mit dem Aptamer ein gutes Werkszeug zur Hand zu haben, mit dem sich die Interaktionen zwischen APC und verschiedenen anderen Proteinen und Rezeptorstellen studieren lassen: "Wenn man sehr gezielt einzelne Bestandteile des APC blockieren kann, zeigt sich, welche Regionen des Enzyms wichtig sind, um verschiedene Funktionen auszuführen", erläutert Pötzsch. "Und mit dem Wissen könnten wir dann vielleicht weitere Wirkstoffe gegen andere Krankheitssymptome herstellen."


Zusatzinformationen:

Jens Müller, Berend Isermann, Christina Dücker, Mohammad Salehi, Moritz Meyer, Max Friedrich, Thati Madhusudhan, Johannes Oldenburg, Günter Mayer, Bernd Pötzsch:
An Exosite-Specific ssDNA Aptamer Inhibits the Anticoagulant Functions of Activated Protein C and Enhances Inhibition by Protein C Inhibitor.
In: Chemistry & Biology; Volume 16, Issue 4, 442-451, 24 April 2009, DOI 10.1016/j.chembiol.2009.03.007

Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn

 


Aktualisiert am 01.05.2009.



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