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Metabolomik

Der Fingerabdruck des Stoffwechsels: Ein neues Fachgebiet soll ihn entschlüsseln.




Die altbekannte Ausrede "Ich nehme nur zu, weil ich so veranlagt bin" gewinnt plötzlich wieder an Schlagkraft: Forscher entdecken immer mehr Hinweise, dass jeder Mensch die Inhaltsstoffe seiner Nahrung ganz individuell verdaut und verwertet. Die noch junge Forschungsrichtung Metabolomics hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Unterschiede wissenschaftlich zu untersuchen.

Ernährungswissenschaftler und Lebensmittelchemiker der Technischen Universität München sind ganz vorn dabei: Sie haben sich mit externen Experten zu einem schlagkräftigen Netzwerk, der Munich Functional Metabolomics Initiative, zusammengeschlossen, um die Forschung auf diesem Gebiet voranzubringen.

Was unsere Gene betrifft, sind wir zu 99,9 Prozent identisch. Trotzdem sieht jeder Mensch anders aus. Und viel mehr als das - neueste Studien belegen, dass individuelle Unterschiede nicht nur für Äußerlichkeiten gelten, sondern auch unseren Stoffwechsel prägen. Deshalb fragen Forscher nun: Wie ist das möglich, auf der Grundlage eines nahezu identischen Genoms? Erst wenn man die Mechanismen kennt, können stoffwechselbedingte Krankheiten wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen wirklich verstanden und damit auch besser bekämpft werden. Experten am Wissenschaftszentrum Weihenstephan der Technischen Universität München (TUM) haben sich die Erforschung solcher Fragen auf die Fahnen geschrieben.

Dazu haben die Forscher eine Studie namens HuMet begonnen. 15 junge, gesunde Männer wurden vier Tage lang genauestens unter die Lupe genommen: Sie mussten fasten, genormte Nahrung unterschiedlicher Art essen und trinken sowie mehrere körperliche Tests bestehen. Währenddessen nahm man eine Vielzahl an Proben von Blut, Urin und Atemluft. Hannelore Daniel, Professorin für Ernährungsphysiologie sowie Prof. Hans Hauner, Ernährungsmediziner an der TUM, erledigten dabei mit ihrem Team den ernährungswissenschaftlichen Teil und die Durchführung der Tests, Professor Thomas Hofmann vom Lehrstuhl für Lebensmittelchemie und Molekulare Sensorik führte mit diesen Proben zahlreiche Untersuchungen unter Nutzung seiner Hochleistungsanalytik durch.

"Grundsätzlich reagiert jeder Mensch auf bestimmte Nahrungsbestandteile gleich", sagt Hannelore Daniel, "aber in der Ausprägung gibt es große Unterschiede." Gibt man zum Beispiel den Testpersonen eine bestimmte Menge Traubenzucker, so steigt ihr Blutzuckerspiegel zunächst an und nimmt danach wieder ab. Schon die ersten Ergebnisse der HuMet-Studie offenbarten im Detail jedoch Erstaunliches: Anfangs, im nüchternen Zustand, waren die Werte extrem gleichförmig. Nach der Zuckergabe zeigte aber jeder Proband eine andere Antwort. "Natürlich gehen alle Werte nach oben, der Blutzucker muss ansteigen. Aber es ist hochinteressant zu sehen, wie unterschiedlich er ansteigt und wieder abfällt. Erst nach vier Stunden hatten sich die Blutwerte der Testpersonen wieder angeglichen." Die Ernährungswissenschaftlerin vergleicht unseren Stoffwechsel deshalb mit einem Akkordeon: Auch das lässt sich zusammenpressen und auseinander ziehen.

Wie weit die Spannbreite wirklich ist, wollen die Forscher nun mit den modernen Mitteln der Hochleistungsanalytik erkunden. "Die HuMet-Studie war eigentlich die Initialzündung für das ganze Gebiet", freut sich TUM-Lebensmittelchemiker Thomas Hofmann. "Bei der Munich Functional Metabolomics Initiative haben sich alle mit uns zusammengetan, die im Großraum München Interesse an einer Fortentwicklung der Metabolomik haben, etwa die Kollegen vom Helmholtz Zentrum München." Jeder teilnehmende Forscher bekam von allen Plasma- und Urinproben einen Teil ab und wertet diesen jetzt mit seinen speziellen Messmethoden aus. Das Team von Professor Hofmann benutzt hier vor allem Verfahren der Flüssigchromatographie-Tandem-Massenspektrometrie und der NMR-Spektroskopie.

"Wir müssen die Methoden aber weiter entwickeln, um der Komplexität unseres Stoffwechsels gerecht zu werden. Heute befinden wir uns auf dem Entwicklungsstand der Digitalkamera in den 80er Jahren", so Hofmann. "Wir müssen die Auflösung unserer analytischen Kamera erhöhen, um ein möglichst scharfes Bild aller Stoffwechselprodukte zu erhalten." Und will man im nächsten Schritt gar die Dynamik des Stoffwechsels beschreiben, so muss man einen kleinen Film drehen. "Dazu wollen wir unsere Verfahren automatisieren, damit sie bei hoher Auflösung in kurzer Zeit eine Vielzahl von Einzelbildern liefern. Diese kann man dann wie bei einem 'Daumenkino' zu einem Ablauf kombinieren."

Wenn es soweit ist, werden die Forscher einen tiefen Blick in die Stoffwechselvorgänge werfen können. Ihre große Hoffnung: Eines Tages wird Metabolomics individuell zugeschnittene Therapien für Stoffwechselkranke und Ernährungspläne für Abnehmwillige ermöglichen.


Zusatzinformationen:

Quelle: Technische Universität München, TUM

 


Aktualisiert am 10.04.2010.



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