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Rydberg-Dimere

Ein Paar und doch kein Paar: Riesen-Moleküle im Überlagerungszustand.




Abbildung: Interferometer für Rydberg-Moleküle - Durch einen Laserpuls (im Schema grau) werden Paare von Rubidium-Atomen in einen Überlagerungszustand zwischen freien Atomen und gebundenem Molekül gebracht. Mit einem zweiten Puls kann die unterschiedliche zeitliche Entwicklung der beiden Zustände auf die Anzahl der Moleküle überführt werden, welche dann gemessen werden (durch Farbe und Höhe der Fläche dargestellt). [Bildquelle: Universität Stuttgart]
Interferometer für Rydberg-Moleküle

In menschlichen Beziehungsdingen ist es so: Entweder man ist ein Paar oder man ist kein Paar - ein klassisches Dilemma mit zwei möglichen Wegen. Die Quantenwelt bietet hierzu interessante Analogien und Alternativen. Paare sind dort gebundene Atome, die aufgrund von Bindungskräften als Molekül zusammen bleiben. Fehlen diese, sind die zwei Partner freie Individuen. Die Quantenmechanik erlaubt jedoch zwischen diesen beiden Extremen alle Überlagerungszustände von frei und gebunden: zum Beispiel halb frei und halb gebunden.

Physiker an der Universität Stuttgart um Prof. Tilman Pfau haben nun für sehr schwach gebundene Riesenmoleküle erstmals die Haltbarkeit solcher Überlagerungszustände untersucht. Sie konnten zeigen, dass solche Zustände für einige Millionstel Sekunden bestehen bleiben. Was für eine menschliche Beziehung zu kurz ist, gilt in der atomaren Welt als eine sehr lange Zeit. Deshalb hat das Experiment große Aufmerksamkeit erregt und wurde in der renommierten Zeitschrift Nature Physics veröffentlicht [siehe unten].

Erst kürzlich gelang der Stuttgarter Gruppe der experimentelle Nachweis von Rydberg-Molekülen mit ultralanger Reichweite, den sogenannten Riesenmolekülen. Dabei handelt es sich um schwach gebundene Moleküle aus einem Atom in einem hoch angeregten Zustand - einem Rydberg-Zustand - und einem "normalen" Atom im Grundzustand. Diese Moleküle sind mit einer Bindungslänge von 100 Nanometern außergewöhnlich groß. Jetzt gelang es Forschern der Universität Stuttgart erstmals, überlagerte Bindungszustände zu kontrollieren.

Damit sich das exotische Molekül bilden kann, müssen sich genau im richtigen Abstand zwei Atome im Grundzustand befinden. Da sich die Atome in einem Gas bei Zimmertemperatur zu schnell bewegen, um eine Bindung einzugehen, benutzten die Physiker aus der Gruppe von Tilman Pfau ein ultrakaltes Gas aus Rubidiumatomen und bestrahlten dieses mit Laserlicht. Dadurch wird das äußere Elektron von einigen Rubidiumatomen auf eine sehr große Bahn "gehoben" und es können Rydberg-Moleküle erzeugt werden. In dem nun veröffentlichen Experiment konnten die Physiker zeigen, dass sie den Übergang vom ungebundenen Paar aus zwei Grundzustandsatomen zum gebundenen Rydberg-Molekül kohärent kontrollieren können. Das Atom-Paar ist dabei so eng an das Laserlicht gekoppelt, dass es periodisch zwischen dem gebundenen und dem ungebundenen Zustand oszilliert und alle Zwischenzustände einnimmt, so lange das Licht eingeschaltet ist.

Je nach Länge des Laserpulses kann somit ein gebundenes Paar erzeugt werden oder ein ungebundenes Paar oder ein Paar, das sich gleichzeitig im gebundenen und im ungebundenen Zustand - einem Überlagerungszustand - befindet. Ist das Paar in einem solchen Überlagerungszustand, reagiert es besonders empfindlich auf äußere Effekte, die den ungebundenen und den gebundenen Zustand unterschiedlich beeinflussen. Mit Hilfe von zwei getrennten Laserpulsen konnten die Forscher des 5. Physikalischen Instituts ein Interferometer für Bindungszustände demonstrieren und zur Haltbarkeitsmessung der Überlagerungszustände einsetzen.

Die Arbeit entstand im Rahmen des transregionalen Sonderforschungsbereichs SFB/TRR 21 (Control of quantum correlations in tailored matter) und wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG sowie der Carl-Zeiss-Stiftung unterstützt.


Zusatzinformationen:

B. Butscher, J. Nipper, J. B. Balewski, L. Kukota, V. Bendkowsky, R. Löw, T. Pfau:
Atom–molecule coherence for ultralong-range Rydberg dimers.
In: Nature Physics; online veröffentlicht am 21. November 2010, DOI 10.1038/nphys1828

Quelle: Universität Stuttgart

 


Aktualisiert am 23.11.2010.



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