Organische Nanostrukturen sind Schlüsselelemente für die Nanotechnologie, denn diese Bausteine lassen sich mit maßgeschneiderten chemischen Eigenschaften ausstatten. Nachteil waren bisher ihre im Vergleich zu metallischen Nanostrukturen deutlich unterlegenen mechanischen Eigenschaften.
Ehud Gazit, Itay Rousso und ein Team von der Universität Tel Aviv, dem Weizmann Institute of Science sowie der Ben-Gurion University of the Negev (Israel) stellen jetzt organische Nanokügelchen vor, die so starr sind wie Metall.
Wie die Wissenschaftler in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten, sind sie interessante Bausteine für hochfeste Biokompositmaterialien.
Nanoskalige biologische Strukturen weisen oft einzigartige mechanische Eigenschaften auf, etwa Spinnenseide, die, bezogen auf ihr Gewicht, 25 mal fester ist als Stahl. Die festesten künstlichen organischen Materialien sind derzeit Aramide wie Kevlar. Erfolgsgeheimnis ist eine spezielle räumliche Anordnung ihrer aromatischen Ringsysteme und ein Netz aus Wechselwirkungen zwischen ihre planaren Amidbindungen. Ein ähnliches Bauprinzip liegt auch den Nanokügelchen zugrunde. Anders als bei den langen Polymerketten der Aramide entstehen diese Strukturen jedoch in einem Selbstorganisationprozess aus kleinen, sehr einfachen Molekülen auf Basis aromatischer Dipeptide der Aminosäure Phenylalanin.
Mit dem Rasterkraftmikroskop untersuchten die Wissenschaftler jetzt die mechanischen Eigenschaften dieser Nanokügelchen. Dieses Gerät arbeitet mit einer Nanonadel (Cantilever), einem winzigen biegsamen Hebelarm, an dessen Ende eine hauchfeine Spitze sitzt. Wird diese Spitze auf eine Probe gedrückt, lässt sich anhand der Hebelauslenkung beurteilen, ob und wie tief die Spitze der Messnadel das untersuchte Objekt eindrücken kann. Von einer Metall-Messnadel ließen sich die Kügelchen gar nicht eindrücken, das gelang erst mit einer Messnadel aus Diamant. Anhand der Messungen errechneten die Forscher das Elastizitätsmodul (Young-Modul) der Nanokugeln. Diese Größe ist ein Maß für die Steifigkeit eines Materials. Sie ist umso größer, je mehr Widerstand ein Material seiner Verformung entgegensetzt. Mit einem hochauflösenden Rasterelektronenmikroskop, ausgerüstet mit einem Nanomanipulator, ließen sich die Deformationen der Kugeln zudem direkt sichtbar machen.
Für die Nanokügelchen errechnete das Team ein bemerkenswert hohes Elastizitätsmodul (275 GPa), das höher ist als bei vielen Metallen und ähnliche Werte erreicht wie Stahl. Diese Nanostrukturen sind damit die bisher starrsten organischen Materialien und können sogar Aramide in den Schatten stellen. Zudem sind die Nanokügelchen transparent. Das macht sie zu idealen Elementen für die Verstärkung von hochfesten Biokompositmaterialien, wie verstärkte Kunststoffe für Implantate oder Zahnersatzmaterialien, Luft- und Raumfahrt und andere Anwendungen, die kostengünstige, leichte Stoffe mit hoher Steifigkeit und außergewöhnlicher Stabilität benötigen.
Zusatzinformationen:
Lihi Adler-Abramovich, Nitzan Kol, Inbal Yanai, Prof. David Barlam, Prof. Roni Z. Shneck, Prof. Ehud Gazit, Prof. Itay Rousso:
Self-Assembled Organic Nanostructures with Metallic-Like Stiffness.
In: Angewandte Chemie; online veröffentlicht am 28. September 2010, DOI 10.1002/ange.201002037
Aktualisiert am 01.10.2010.
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