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Wie aus Fett Zucker werden kann

Forscher der Universität Jena simulieren, wie Aceton in Zucker verwandelt werden kann.




Zuviel Süßigkeiten werden im Körper in Fett umgewandelt - das ist allgemein bekannt. Ist aber, z. B. in einer Zeit des Fastens oder längerer sportlicher Betätigung, auch der entgegengesetzte Weg möglich? Kann Fett in Zucker verwandelt werden?

Das ist seit etwa 100 Jahren eine viel diskutierte Frage in der Biochemie. Die Antwort hat eine große medizinische, ernährungswissenschaftliche und sportphysiologische Bedeutung, da das Gehirn und die roten Blutzellen Traubenzucker als Nahrung benötigen.

Wissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena sind bei der Beantwortung dieser Frage nun einen großen Schritt vorangekommen. Sie haben in einer Computersimulation nachgewiesen, dass aus Fett unter bestimmten Umständen auch Zucker werden kann, wie sie in einem Artikel in der renommierten Fachzeitschrift PLoS Computational Biology belegen [siehe unten].

Fettsäuren in Traubenzucker auf dem selben Weg wie bei der Umwandlung von Zucker in Fettsäuren zurück zu verwandeln, ist nicht möglich, da einige Reaktionen aus energetischen Gründen nur vom Zucker zum Fett verlaufen können. "Dass es auch keinen anderen Weg im damals bekannten Teil des Metabolismus gibt, wurde in den 1950er Jahren durch mathematische Rechnungen gezeigt", so der frisch ernannte Juniorprofessor Christop Kaleta von der Universität Jena weiter. "Dies gilt seit etwa 50 Jahren als biochemisches Lehrbuchwissen", ergänzt Prof. Dr. Stefan Schuster, der die aktuelle Forschung gemeinsam mit Kaleta und seinem Team durchgeführt hat. Doch an diesem vermeintlichen Paradigma hat das Jenaer Team nun gerüttelt. "Wenn man sich das Netz der Reaktionen im zentralen Stoffwechsel anschaut, gibt es trotzdem eine Route, die energetisch möglich sein müsste", benennt der Jenaer Bioinformatiker Prof. Dr. Christoph Kaleta die Arbeitshypothese.

"Gelegentlich gab es in der biochemischen Literatur bereits Hinweise, dass es doch Stoffwechselwege gibt, die Fettsäuren in Zucker umwandeln können, aber recht kompliziert sind", sagt Bioinformatiker Schuster und ergänzt: "Durch die modernen Verfahren der Biochemie, Genomsequenzierung und Bioinformatik ist es in den letzten Jahren möglich geworden, praktisch das gesamte Netz der biochemischen Reaktionen aus verschiedenen Organismen im Computer zu speichern und mit schnellen Algorithmen zu analysieren."

Dies haben die Bioinformatiker mit Unterstützung des Jenaer Ernährungswissenschaftlers Prof. Dr. Michael Ristow getan. Ihr hochinteressantes Ergebnis: Es gibt, zumindest prinzipiell, mehrere sehr verschlungene Wege, auf denen Menschen die Umwandlung von Fett in Zucker vollziehen können. Eine Schlüsselrolle spielt dabei Aceton, das ein Abbauprodukt von Fett ist. "Es ist bekannt, dass Kinder nach Aceton riechen, wenn sie einige Zeit nichts gegessen haben", erläutert Kaleta. "Bisher glaubten die meisten Forscher, dass das leicht flüchtige Aceton abgeatmet und über den Urin ausgeschieden wird. Die Ergebnisse unserer Computersimulationen deuten aber darauf hin, dass es teilweise - wenn auch langsam - in Zucker umgewandelt werden kann."

Diese Ergebnisse sind von besonderer Bedeutung für das Verständnis, wie Menschen und Tiere längere Zeit ohne Zufuhr von Kohlenhydraten überleben können. Das ist zum Beispiel in der traditionellen Ernährung der Eskimos oder während des Winterschlafes von verschiedenen Säugetieren der Fall. Dies muss nun experimentell überprüft werden. "Im Fall einer positiven Bestätigung wird das Sportwissenschaftler - zum Beispiel im Hinblick auf optimale Ernährung bei Marathon-Läufen - sowie Diabetes- und viele andere Forscher interessieren", erwartet Prof. Kaleta, "und auch für die Entwicklung von optimalen Diäten bedeutsam sein".


Zusatzinformationen:

Christoph Kaleta, Luís F. de Figueiredo, Sarah Werner, Reinhard Guthke, Michael Ristow, Stefan Schuster:
In Silico Evidence for Gluconeogenesis from Fatty Acids in Humans.
In: PLoS Computational Biology; online veröffentlicht am 21. Juli 2011, DOI 10.1371/journal.pcbi.1002116

Quelle: Friedrich-Schiller-Universität, Jena

 


Aktualisiert am 25.07.2011.



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