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Schadstoffabbau durch Pilze

Pilze könnten künftig viel öfter gegen gefährliche Chemikalien eingesetzt werden.




Abbildung 1: Aufnahme des Bodenpilzes Fusarium oxysporum per Laser-Scanning-Mikroskopie. [Foto: Dr. Thomas Neu/UFZ]
Fusarium oxysporum

Abbildung 2: Aus Sicht der Forscher könnten Pilze zentraler Bestandteil von neuen Biotechnologien sein, die helfen, verschmutzten Boden, Wasser oder Luft zu reinigen. Bestimmte holzzerstörende Pilze (wie auf dem einen Bild zu sehen) sind besonders aktiv im Schadstoffabbau. [Foto: Dr. Dietmar Schlosser/UFZ]
Holzzerstörender Pilz

Leipzig - Ökosystemdienstleistungen, wie sie Pilze bieten, könnten in Zukunft viel häufiger als bisher in der Umwelttechnologie genutzt werden.

Das riesige Potenzial werde bisher kaum genutzt, schreiben Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in der Märzausgabe 2011 des Fachblatts Nature Reviews Microbiology.

Um die erstaunlichen Fähigkeiten von Pilzen für den Umweltschutz einzusetzen, sei es jedoch notwendig, deren Ökologie zu respektieren und sie nicht wie anspruchlose Katalysatoren zu behandeln.

Obwohl Pilze den Großteil der lebenden Biomasse im Boden stellen und auch in Gewässern reichlich vorhanden sind, werden sie für die biologische Altlastensanierung bisher kaum genutzt.

Dabei bieten biologische Sanierungstechnologien viele Vorteile gegenüber energieintensiven und technisch aufwändigen physikalischen oder chemischen Verfahren. Zwar dauert die Sanierung länger, sie ist aber wesentlich kostengünstiger und auch nachhaltiger. Deshalb gibt es einen Trend zu passiven Sanierungsverfahren bei kontaminierten Böden, bei denen bisher vorwiegend Bakterien zum Einsatz kommen und die als "monitored natural attenuation" (kontrollierter natürlicher Abbau) bezeichnet werden. Auch wenn sie länger dauern als ex-situ-Verfahren, so sind sie dennoch energieeffizienter und führen am Ende zu ökologisch intakten und damit funktionierenden Ökosystemen im Boden. In dem Überblicksartikel konnten die Leipziger Forscher nun zeigen, dass neben Bakterien auch Pilze eine wichtige Rolle für solche Sanierungstechnologien spielen können. "Ein wichtiges Argument, Pilze zukünftig bei passiven Verfahren einzusetzen, ist neben ihren geringen Kosten auch die zunehmende Akzeptanz von risikobasierten Sanierungsstandards. Diese Standards sind in den USA und in Großbritannien bereits Teil der Gesetzgebung", erklärt Prof. Hauke Harms vom UFZ. "Es gibt also wichtige finanzielle, ökologische und juristische Gründe, das Leben der Pilze besser zu verstehen, um sie in Umwelttechnologien einsetzen zu können."

Aus Sicht der Forscher könnten Pilze zentraler Bestandteil von neuen Biotechnologien sein, die helfen, verschmutzten Boden, Wasser oder Luft zu reinigen. Bisher waren die Erfolge jedoch bescheiden, weil die Ökologie der Pilze zu wenig beachtet und sie oft nur als Ersatz für Bakterien eingesetzt wurden, ohne ihre wirklichen Stärken wie die umfangreichen Abbaukapazitäten oder ihre natürliche Anpassung an bestimmte Lebensräume zu nutzen. Die meisten schadstoffabbauenden Pilze gehören zu den Schlauchpilzen (Ascomycota) und Basidienpilzen (Basidiomycota). Von anderen Stämmen ist bisher nur wenig dazu bekannt.

Pilze (lateinisch Fungi) bilden in der Biologie neben Tieren und Pflanzen ein eigenständiges Reich. Dazu gehören neben den bekannten Speisepilzen auch Symbionten von z. B. Pflanzen (Mykorrhiza) oder Algen (Flechten). Bisher sind weniger als 100.000 von geschätzten 1,5 Millionen Pilzarten beschrieben. Da sie eine Art Makroorganismus sind, der in mikroskopische kleine Einheiten verpackt ist, haben sie sich an die verschiedensten Umweltbedingungen bestens angepasst. Pilze bilden bis zu 75 Prozent der mikrobiellen Biomasse im Boden. Anders als Bakterien sind sie nicht auf kontinuierliche Wasserpfade angewiesen, um sich ausbreiten zu können. 2007 konnten Mikrobiologen des UFZ nachweisen, dass Pilzfäden eine wichtige Rolle bei der Verbreitung von Bakterien im Boden spielen. Luft und mangelnde Feuchtigkeit bilden eine Ausbreitungsbarriere. Bakterien nutzen jedoch das Pilzgeflecht, um sich wie auf einer Art Autobahnnetz durch den Boden zu bewegen.

Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit über 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 17 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 3 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).

Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg ungefähr 1.000 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

[Tilo Arnhold]


Zusatzinformationen:

Hauke Harms, Dietmar Schlosser und Lukas Y. Wick:
Untapped potential: exploiting fungi in bioremediation of hazardous chemicals.
In: Nature Reviews Microbiology; 9, 177-192, März 2011, DOI 10.1038/nrmicro2519

Quelle: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, UFZ

 


Aktualisiert am 29.03.2011.



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