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Biomasse als chemischer Rohstoff

Eine chemische Industrie auf der Basis erneuerbarer Ressourcen: Biomasse sinnvoll nutzen.




Abbildung - Von Erdöl zu Bioöl: Biomasse ist ein begrenzter Rohstoff, der vernünftig eingesetzt und nicht in erster Linie als Brennstoff verwendet werden sollte. Würden aus ihm ausgewählte Chemikalien hergestellt, ließe sich das Erdöl in der chemischen Industrie leicht ersetzen, sofern die inhärente Funktionalität der Biomasse geschickt genutzt würde. [Quelle: Angewandte Chemie]
Rohstoff Biomasse

Unsere industrialisierte Welt ist in hohem Maße abhängig von fossilen Rohstoffen, ob zur Energieerzeugung, als Treibstoff oder als Ausgangsbasis für die chemische Industrie. Die damit verbundenen Umweltprobleme sind bekannt, zudem gehen die Vorräte irgendwann zur Neige.

Neben Wind-, Wasser-, geothermischer und Solarenergie rückt auch Biomasse als erneuerbare Ressource immer stärker in den Blickpunkt.

Esben Taarning und Kollegen von der Katalysatorfirma Haldor Topsøe sowie dem Lindoe Offshore Renewables Center (Dänemark) erläutern in einem Essay in der Zeitschrift Angewandte Chemie, wie ein sinnvoller Übergang von der Petrochemie zu einer chemischen Industrie auf Biomasse-Basis aussehen könnte.

Bisher wird der größte Teil der in der Industrie verwendeten Biomasse zur Stromgewinnung verbrannt. Dies sei auf lange Sicht nicht die optimale Nutzung, so die Autoren. "Es ist auch nicht die sinnvollste Lösung, Biomasse in Kraftstoffe zu überführen", so Taarning. "Zum einen reicht die Menge der verfügbaren Biomasse gar nicht zur Deckung des Treibstoffbedarfs, zum anderen unterscheiden sich die chemischen Charakteristika von Kraftstoffen und Biomasse viel zu stark, entsprechend aufwendig und unwirtschaftlich wären die Verfahren." Transportmittel sollten nach und nach auf Batterien oder Brennstoffzellen umgestellt werden. Taarning: "Wirklich sinnvoll ist es dagegen, Biomasse als Rohstoff für die chemische Industrie zu verwenden. Die verfügbare Biomasse sollte ausreichen, um fossile Ressourcen bei der Chemikalienproduktion zu ersetzen. Die chemischen Charakteristika von Biomasse und vielen Massenchemikalien sind zudem sehr ähnlich, die Prozesse sollten daher wirtschaftlicher sein als bei der Umsetzung zu Kraftstoffen."

Dabei solle man sich aber von etablierten Wertschöpfungsketten verabschieden: Statt den Rohstoff mit aller Gewalt in bestimmte Grundchemikalien umzuwandeln, die ursprünglich wegen der einfachen Zugänglichkeit aus fossilen Ressourcen ausgewählt wurden, solle man lieber nutzen, was bereits an interessanten chemischen Charakteristika in den Biomasseressourcen steckt, und günstige katalytische Reaktionswege optimieren. "Durch kluge Wahl der Zielchemikalien lässt sich der Wertzuwachs wesentlich vergrößern", sagt Taarning. Da die Kosten für die Entwicklung erheblich und die ersten Verfahren ineffizient sein werden, sei es sinnvoll, sich zunächst auf hochwertige Produkte zu konzentrieren, was eine schnellere breite Einführung ermögliche.

Aber auch viele Haupt- und Begleitprodukte der heutigen Biokraftstoff-Industrie könnten zu interessanten Grundchemikalien werden: Ethanol etwa als Ausgangspunkt für die Herstellung von Essigsäure, Ethylen sowie Ethylenglycol und Glycerol als Ausgangspunkt für Acrylsäure, ein Zwischenprodukt für Polymere.

"Der Übergang von einer Petro-basierten chemischen Industrie zu einer Industrie auf der Grundlage von Biomasse ist eine große Herausforderung", so Taarning, "bietet aber enorme Chancen: die Entwicklung einer nachhaltigeren chemischen Industrie mit vielseitigerer Rohstoffversorgung und die Herstellung von neuen Produkten mit überlegenen Eigenschaften."


Zusatzinformationen:

M. Sc. P. N. R. Vennestrom, M. Sc. C. M. Osmundsen, Prof. Dr. C. H. Christensen, Dr. Esben Taarning:
Nach der Petrochemie: eine chemische Industrie auf der Basis erneuerbarer Ressourcen.
In: Angewandte Chemie; Volume 123, Issue 45, pages 10686 - 10694, 04. November 2011, DOI 10.1002/ange.201102117

Quelle: Angewandte Chemie, Presseinformation Nr. 46/2011

 


Aktualisiert am 12.11.2011.



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