Kernspintomografiebilder sind ein wichtiges Diagnoseinstrument. Der dabei erzielbare Kontrast hängt davon ab wie gut es gelingt, die den bildgebenden Signalen zugrunde liegenden Kernspins gezielt zu beeinflussen. Mathematisch werden die Eigenschaften von Kernspins durch eine spezielle Matrix beschrieben. Einem Team um Professor Steffen Glaser an der Technischen Universität München (TUM) ist es nun erstmals gelungen, eine allgemeine und intuitive graphische Darstellung der in dieser Matrix enthaltenen Informationen für beliebige Quantenzustände gekoppelter Spins zu entwickeln.
Atome und ihre Bestandteile gehorchen den Gesetzen der Quantenmechanik, die oft die Grenzen unserer Vorstellungskraft übersteigen. Einen Tennisball können wir in unserer Alltagswelt mit jeder beliebigen Geschwindigkeit um seine eigene Achse drehen. Kernspins dagegen können sich nur mit einer einzigen Geschwindigkeit entweder rechtsherum oder linksherum drehen - ihre Rotation ist quantisiert.
Die Arbeitsgruppe von Professor Steffen Glaser an der Fakultät für Chemie der TU München entwickelt mathematische Verfahren, um das Verhalten von Kernspins gezielt und mit maximaler Effizienz steuern zu können. Unter anderem gelang es damit bereits, den bestmöglichen Kontrast von Kernspintomografie-Aufnahmen zu bestimmen. Damit ist es nun möglich, die Aufnahmeverfahren gezielt weiter zu entwickeln.
Exotische Quantenwelt
Für Techniken wie die Kernspin-Spektroskopie, die heute eine der wichtigsten Analysemethode der modernen Chemie darstellt, oder eine zukünftige Quantencomputer-Technologie, ist jedoch ein besseres Verständnis der optimalen Steuerung von miteinander gekoppelten Spins unverzichtbar. Diese können sich gegenseitig beeinflussen, was zu noch unanschaulicheren Effekten führt.
Beispielsweise gibt es in der Quantenwelt das Phänomen der Superposition. Übertragen in unsere Welt hieße das, dass der Kernspin sich gleichzeitig rechts- und linksherum drehen kann. Die Verschränkung von Quantenzuständen ist ein weiteres Beispiel. Einstein bezeichnete sie als spukhafte Fernwirkung, doch der Spuk hat großes technisches Potenzial, das von Präzisionsmessungen bis hin zu sicherer Datenübertragung reicht.
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte
Die Quanteneigenschaften gekoppelter Kernspins werden mathematisch durch eine sogenannte Dichtematrix beschrieben. "Dies sind abstrakte Zahlenkolonnen, denen man nur mit sehr viel Erfahrung ansehen kann, welche Informationen in ihnen stecken", sagt Steffen Glaser. Nun hat Glaser eine Visualisierungsmöglichkeit geschaffen, mit der diese Matrix in anschauliche Bilder umgesetzt wird.
Das DROPS (discrete representation of operators for spin systems) genannte Verfahren bildet die Dichtematrix in Form dreidimensionaler, Tröpfchen ähnlicher Objekte ab. Sie spiegeln alle zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhandenen quantenmechanischen Wechselbeziehungen und Verschränkungen zwischen den Spins wider.
App für Smartphone und Tablet
Um Entstehung, Verformung und Rotation von Spin-Spin-Korrelationen unter dem Einfluss steuerbarer magnetischer Felder in Echtzeit zeigen zu können, entwickelte Steffen Glaser zusammen mit seinem Sohn ein Programm für Smartphone und Tablet-Computer.
"Dieses Programm erlaubt einen intuitiv verständlichen Zugang zum faszinierenden Wissenschaftszweig der Quanten-Kontrolltheorie für jeden, der sich mit der optimalen Steuerung und Nutzung von Quantenphänomenen beschäftigt." Die App SpinDrops ist im App-Store für Nutzer von iPhones und iPads zum kostenlosen Download verfügbar.
"Unabhängig von Anwendungen in Lehre und Forschung ist die neuartige Visualisierung der Wechselbeziehungen zwischen Spins auch ästhetisch reizvoll", sagt Steffen Glaser. In der Ausstellung Science and Technology Meet Art am Institute for Advanced Study der TU-München ist eine solche Visualisierung ausgestellt.
Die Arbeiten wurden gefördert mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft (SFB 631), der EU-Programme QUAINT und SIQS sowie des Natural Sciences and Engineering Research Councils (Kanada).
Zusatzinformationen:
Ariane Garon, Robert Zeier und Steffen J. Glaser:
Visualizing operators of coupled spin systems.
In: Physical Review A; veröffentlicht am 20. April 2015, DOI 10.1103/PhysRevA.91.042122
M. Lapert, Y. Zhang, M. A. Janich, S. J. Glaser, D. Sugny:
Exploring the Physical Limits of Saturation Contrast in Magnetic Resonance Imaging.
In: Scientific Reports; erschienen am 20. August 2013, DOI 10.1038/srep00589
Quelle: Technische Universität München, TUM
Aktualisiert am 03.06.2015.
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