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Wasserstoff-Isotopentrennung mit MOFs

Wissenschaftler entwickeln eine neue Methode zur Trennung von Deuterium und Tritium.




Abbildung: Mit Hilfe einer Kupfer-basierten Metall-organischen Gerüstverbindung (MOF) ist es Wissenschaftlern gelungen, Deuterium und Tritium von dem "normalem" Wasserstoff quasi abzufiltern. [Grafik: Thomas Häse/Universität Leipzig]
Filter für Schweren Wasserstoff

Die schweren Wasserstoff-Isotope Deuterium und Tritium sind Stoffe mit Zukunft, aber verhältnismäßig selten und nur unter Aufwand zu gewinnen. Sie sind keineswegs nur Forschungsobjekt in der Wissenschaft, sondern finden zahlreiche praktische Anwendungen in der Technik. Und sie könnten als Brennstoffe der Kernfusion unseren Enerbedarf der Zukunft decken.

Deuterium ist zudem ein Bestandteil neuerer Medikamente, die sich zur Zeit im Zulassungsverfahren in den USA befinden.

Die beiden Nuklide aus der natürlichen Isotopenmischung des Wasserstoffs zu gewinnen, ist bislang recht aufwendig und auch teuer.

Forschern der Stuttgarter Max-Planck-Institute für Intelligente Systeme und für Festkörperforschung, der Universität in Leipzig, der Bremer Jacobs University, der Universität Augsburg und vom Oak Ridge National Laboratory in den Vereinigten Staaten haben eine Methode entwickelt, die vielleicht Abhilfe schaffen könnte. In der Fachzeitschrift Nature Communications beschreiben sie eine metallorganische Gerüstverbindung, mit der sich die beiden schweren Isotope effizienter, als mit anderen Verfahren, vom Gros des normalen Wasserstoffs trennen lassen.

In bestimmten Arzneimitteln hat Deuterium einen lebensverlängernden Effekt für den eigentlichen Wirkstoff. Der menschliche Stoffwechsel baut Moleküle, die Deuterium tragen, langsamer ab als die gleiche Verbindung, die mit normalem Wasserstoff besetzt ist. Deuteriumhaltige Arzneimitte lassen sich daherl niedriger dosieren - un somit auch ihre Nebenwirkungen verringern.

Deuterium besitzt zudem - ebenso wie das noch schwerere radioaktive Isotop Tritium - bei der Kernfusion eine große Bedeutung. Dieser Prozess bringt im wörtlichen Sinne die Sterne zum Leuchten - und soll auch einmal in entsprechenden Kraftwerken ablaufen. Bei der Kernfusion verschmelzen Atomkerne miteinander und erzeugen dabei eine große Menge an Energie.

Während der Einsatz von Deuterium in der Pharmazie erst seit neuester Zeit an Bedeuting gewinnt und sein möglicher Einsatz in der Energieversorgung noch in der Zukunft liegt, findet es in der Wissenschaft schon lange Verwendung, beispielsweise um den Weg von Nährstoffen durch den Stoffwechsel in lebenden Organismen zu verfolgen. "Deuterium und in gewissem Maße auch Tritium sind also für einige Anwendungen nützlich", sagt Michael Hirscher, der als Leiter einer Forschergruppe am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme an der aktuellen Arbeit maßgeblich beteiligt war. "Bislang ist es allerdings sehr aufwendig, Deuterium vom leichten Wasserstoff zu trennen."

 

Eine Metall-organische Gerüstverbindung als Deuterium-Filter spart Energie

Deuterium - chemisches Symbol D - wird aus schwerem, also deuteriumhaltigem Wasser (D2O) gewonnen, das zu 0,01 Prozent in natürlichem Wasserstoff enthalten ist. Mit einer Kombination chemischer und physikalischer Verfahren - wie die Destillation - wird zunächst das schwere Wasser isoliert und anschließend Deuterium-Gas erzeugt. Das ist so aufwendig und energieintensiv, dass ein Gramm Deuterium von 99,8 Prozent Reinheit etwa 100 Euro kostet. Damit ist der schwere Bestandteil des Wasserstoffs rund drei Mal teurer als Gold, obwohl Deuterium in jedem Gewässer und an der Erdoberfläche insgesamt mehr als 300 Mal häufiger auftritt, als das beliebte Edelmetall.

"Mit unserer Metall-organischen Gerüstverbindung dürfte es nun einfacher und weniger energieintensiv werden, Deuterium aus dem natürlichen Gemisch der Wasserstoffisotope zu isolieren", sagt Dirk Volkmer, dessen Mitarbeiter am Lehrstuhl für Festkörperchemie der Universität Augsburg das Material synthetisiert haben. In einer Metall-organischen Gerüstverbindung, kurz MOF für die englische Bezeichnung metal-organic framework, werden Metall-Ionen durch organische Moleküle zu einem Kristall mit relativ großen Poren vernetzt, so dass sie - bezogen auf ihr eigenes Gewicht - große Mengen Gas aufnehmen können.

In der Verbindung, die das Forscherteam nun als Filter für Deuterium und auch für Tritium vorstellen, bilden Zink- und Kupferionen die metallischen Knotenpunkte. Bereits im Jahr 2012 hatten die Wissenschaftler eine Metall-organische Gerüstverbindung vorgestellt, die als metallische Komponente ausschließlich Zink enthielt und ebenfalls Deuterium aus dem natürlichen Isotopengemisch filtern kann, jedoch nur bei Temperaturen von minus 223 Grad Celsius.

 

Kupfer statt Zink, und der Filter lässt sich mit flüssigem Stickstoff kühlen

Die Chemiker des Augsburger Teams ersetzten einen Teil der Zink- durch Kupferatome, deren Elektronenhülle so gebaut ist, dass das Material bei höheren Temperaturen und selektiver Deuterium filtert. Das bewiesen Michael Hirscher und seine Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme und die Forscher am Oak Ridge National Laboratory mit verschiedenen Tests. Unter anderem prüften sie bei verschiedenen Temperaturen, in welchen Mengen das Material Deuterium und normalen Wasserstoff aus einem Gemisch mit gleichen Anteilen der beiden Nuklide aufnimmt. Demnach speichert es bei minus 173 Grad Celsius zwölf Mal so viel Deuterium. "Bei dieser Temperatur lässt sich der Trennprozess mit flüssigem Stickstoff kühlen und wird dadurch kostengünstiger als die Verfahren, die nur bei weniger als minus 200 Grad funktionieren", berichtet Michael Hirscher.

Bei der Interpretation der verschiedenen Messergebnisse halfen die Beiträge der theoretischen Chemiker um Prof. Dr. Thomas Heine, der vor kurzem einen Lehrstuhl an der Universität Leipzig übernommen hat, nachdem er vorher an der Jacobs University Bremen gelehrt hatte. "Mit unseren Berechnungen konnten wir die verschiedenen experimentellen Puzzleteile zu einem konsistenten Gesamtbild zusammenführen", sagt der Wissenschaftler.

 

Die Metall-organische Gerüstverbindung muss noch mehr Gas aufnehmen

Wie die Analyse der Daten für Deuterium und Wasserstoff ergab, stimmen Experimente und Vorhersagen der Rechnungen sehr gut überein. Das macht die Theoretiker zuversichtlich, dass der Teil ihrer Rechnungen, die sich nicht einfach experimentell überprüfen lassen, genauso aussagekräftig sind. "Dann stimmen wahrscheinlich auch unsere Berechnungen für Tritium, was sich in Experimenten aber nur unter großen Sicherheitsvorkehrungen überprüfen lässt", sagt Thomas Heine.

Auch das radioaktiveTritium wird von dem Material sehr effektiv aus einem Gemisch der Isotope herausgefiltert. Dies dürfte für eine Anwendung interessant sein, bei der es nicht darum geht, das Isotop zu gewinnen, sondern loszuwerden. Denn Wasser aus Kernkraftwerken, auch das, mit dem die Reaktoren von Fukushima bei der Katastrophe im Jahr 2011 geflutet wurden, enthält Tritium. Mit der neuen Metall-organischen Gerüstverbindung ergibt sich vielleicht eine Möglichkeit, diese radioaktiven Anteile zu beseitigen. Allerdings müsste das radioaktiv belastete Wasser dafür zunächst elektrolysiert werden, um die tritiumhaltigen Wassermoleküle in tritiumhaltiges Wasserstoffgas umzuwandeln. Bevor Tritium und Deuterium mit großporigen Kristallen jedoch in der Praxis aus dem Isotopengemisch des Wasserstoffs gefiltert werden kann, müssen die Wissenschaftler es allerdings noch weiterentwickeln - nicht zuletzt, damit es noch mehr Gas aufnimmt.


Zusatzinformationen:

I. Weinrauch, I. Savchenko, D. Denysenko, S.M. Souliou, H.-H. Kim, M. Le Tacon, L.L. Daemen, Y. Cheng, A. Mavrandonakis, A.J. Ramirez-Cuesta, D. Volkmer, G. Schütz, M. Hirscher und T. Heine:
Capture of heavy hydrogen isotopes in a metal-organic framework with active Cu(I) sites.
In: Nature Communications; online erschienen am 28. Februar 2017, DOI 10.1038/ncomms14496

Quelle: Universität Leipzig, Autor: Peter Hergersberg

 


Aktualisiert am 09.03.2017.



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