Der Begriff entatisch wird in Biochemie und Bioanaorganischer Chemie auf Zustände von Atomen und Atomgruppierungen angewandt, die auf Grund ihrer Bindung an ein Protein oder ein anderes Biomolekül ihre geometrischen Formen oder elektronischen Zustände an die Funktion angepasst haben [1]. Durch diese Änderung der Konfiguration eines Moleküls wird die erforderliche Aktivierungsenergie herabgesetzt und die Reaktionsgeschwindigkeit erhöht. Allgemein wird angenommen, dass diese auch vorverspannt genannten Zustände (griechisch entasis = Spannung), an denen immer Metall-Ionen beteiligt sind, die Chemie dieser Metall-Atome zugunsten der biologischen Katalyse verbessern.
Ein Beispiel für einen entatischen Zustand ist das Kupfer-Zentrum im Plastocyanin, ein kleines kupferhaltiges Protein in Algen, grünen Pflanzen und bestimmten Cyanobakterien. In diesem Protein pendelt das Kupfer zwischen dem oxidierten (Cu2+) und dem reduzierten Zuständ (Cu+) hin und her. Dabei weist jeweils jeder der beiden Oxidationszustände eine ausgeprägte Koordinationsgeometrie auf: Während das Kupfer(II)-Ion normalerweise quadratisch planar koordiniert ist und harte Basen wie Sauerstoff- und Stickstoff-Liganden bevorzugt, ist die Geometrie des Kupfer(I)-Kations für gewöhnlich tetraedrisch, und das Ion bindet bevorzugt an weiche Basen wie Schwefel-Liganden.
Tatsächlich ist das Cu-Zentrum im Plastocyanin weder planar noch tetraedrisch, sondern wird als verzerrt tetraedrisch betrachtet - mit zwei Stickstoffliganden aus den Histidinresten und zwei Schwefelliganden aus Methionin- bzw. Cystein-Rest - und kann daher als entatischer Zustand angesehen werden.
In neuerer Zeit konnte detailiert an einem Modellsystem untersucht werden, wie der Prozess in einem photochemischen System abläuft [5].
Quellen und weitere Informationen
[1] - Entatic State.
IUPAC Gold Book, (1997), DOI 10.1351/goldbook.ET06763
[2] - Peter Comba:
Coordination compounds in the entatic state.
In: Coordination Chemistry Reviews, (2000), DOI 10.1016/S0010-8545(00)00265-4.
[3] - Gezahegn Chaka et al.:
A Definitive Example of a Geometric "Entatic State" Effect: Electron-Transfer Kinetics for a Copper(II/I) Complex Involving A Quinquedentate Macrocyclic Trithiaether-Bipyridine Ligand.
In: Journal of the American Chemical Society, (2007), DOI 10.1021/ja068960u.
[4] - David F. Schrempp et al.:
Inter- and Intramolecular Electron Transfer in Copper Complexes: Electronic Entatic State with Redox-Active Guanidine Ligands.
In: Chemistry a A European Journal, (2017), DOI 10.1002/chem.20170361.
[5] - B. Dicke et al.:
Transferring the entatic-state principle to copper photochemistry.
In: Nature Chemistry, (2018), DOI 10.1038/nchem.2916.
Kategorie: Terminologie
Letzte Änderung am 31. Juli 2023.
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