Die Möglichkeit zum Verbinden von Einzelteilen zu größeren Strukturen und Einheiten gehört sicherlich zu den Komponenten, die unsere technologische Zivilisation ermöglicht. Eine der Methoden ist der Einsatz von Klebstoffen und Klebetechnologien.
Erste Klebstoffe waren schon den Steinzeitmenschen bekannt; so benutzten sie Bitumen - ein teerartiger Naturasphalt, der in einigen Gegenden in der Erde vorkommt - oder Baumharze, um Feuersteine als Axt-Schneiden oder als Spitzen auf ihre hölzernen Griffe zu kleben.
Schon in der Antike machten die Menschen bereits ihre Kleber aus allem, was sie in der Welt um sie herum fanden; so wurden klebrige Zuckerlösungen, Fischhäute oder in Wasser gekochte tierische Produkte, Milcheiweiß, pflanzliche Stärke und viele andere eingesetzt, um Dinge miteinander zu verbinden. Die Palette an bekannten natürlichen Klebstoffen für alle erdenkbaren Anwendungen ist enorm. Bereichert wurde das Klebstoff-Spektrum schließlich von der modernen Chemie, die immer neue, synthetische Klebstoffe und auch effektivere Lösemittel erfand.
Heutzutage führen typische Baumärkte und auch Supermärkte viele verschiedene Klebstoffe, die für die Anwendung im Haushalt gedacht sind. Sie dienen Bastelarbeiten, dem Kleben von Papier und Fotos oder dem Verleimen von Holz, und sie werden für Reparaturarbeiten von Kunststoffen und Keramiken eingesetzt. Spezielle Fertigprodukte enthalten meist Kleber auf ihren Rückseiten, wie zum Beispiel Aufkleber, Halterungen, Post-it-Zettel etc. Spezielle Klebstoffe findet man für den kosmetischen Bereich für künstliche Fingernägel oder auch als Wimpernkleber.
Wie funktionieren Klebstoffe?
Klebrigkeit ist ein Phänomen, das uns im Alltag häufig begegnet; Schmutz und Essen kleben an unseren Händen, das Hemd an der Haut, wenn wir schwitzen, das heruntergefallene Marmeladenbrot am Boden. Tatsächlich basieren diese Klebrigkeit und die Wirkung der Klebstoffe auf den gleichen physikalischen und chemischen Prinzipien.
Die Adhäsionskraft bewirkt einen physikalischen Effekt, der zwei Dinge, die miteinander in Kontakt stehen, zusammenhält und ist das Resultat molekularer Wechselwirkungen an den Grenzflächen der beiden Gegenstände, die den mechanischen Zusammenhalt bewirken. Ein Beispiel für die Adhäsion ist der Wassertropfen, der an einer glatten, vertikalen Oberfläche - wie zum Beispiel einer Fensterscheibe - haftet.
Die Kohäsionskraft wirkt sich innerhalb eines Stoffes auf und beruht auf molekularen und atomaren Bindungskräften, die das Material selbst zusammenhalten. In den Klebstoffen gewährleistet die Kohäsion den Zusammenhalt des eigentlichen Klebstoffs und ist für seine Verarbeitungseigenschaften wie die Viskosität und das Fließverhalten verantwortlich.
Die Beurteilung beider Kräfte sind Voraussetzung für die zusammenhaltende Wirkung von Klebstoffen; die Stärke einer der Kräfte im Vergleich zur anderen sowie die Materialeigenschaften der zu verbindenden Teile der Schlüssel zur Auswahl eines geeigneten Klebstoff-Produkts.
Der durch einen Klebstoff vermittelte Zusammenhalt von Materialien beruht auf folgenden Prinzipien:
Mechanische Bindung
Eine mechanische Klebeverbindung entsteht, wenn der Klebstoff in poröse Öffnungen der Oberfläche eintritt oder um Unebenheiten auf der Oberfläche herumfließt. Diese Art der Haftung schafft eine physikalisch-mechanische Verbindung zwischen dem Klebstoff und der Oberfläche. Sie ist umso effektiver, je poröser oder strukturierter die Oberflächen der zu verbindenden Materialen sind.
Chemische Bindung
Bestimmte Klebstoffe verändern die physikalischen Eigenschaften einer Oberfläche, indem diese chemisch modifiziert wird. Eine chemische Klebeverbindung tritt dann ein, wenn die adhäsiven Moleküle eine chemische Reaktion mit den Molekülen des Oberflächenmaterials eingehen und praktisch miteinander verschmelzen. Allerdings ist diese Klebetechnik nur zwischen Materialien möglich, die miteinander kompatibel sind und zudem diese chemische Reaktion eingehen können. Gegebenenfalls können sogenannte Haftvermittler eingesetzt werden.
Die chemischen Klebe-Verbindungen sind typischerweise die stärksten und dauerhaftesten.
Elektrostatische Bindung
Die elektrostatische Kraft wird durch entgegengesetzte elektrische Ladungen verursacht, die zu einer Anziehung der Moleküle führt. Durch den Einsatz entsprechender Klebstoffe, die sehr dünn aufgetragen werden müssen, entstehen viele, sehr schwache elektrostatische Kräfte zwischen den Molekülen des Klebers und den Molekülen der Oberfläche. In der Summe ist die Klebewirkung dann sehr effektiv.
Chemie der Klebstoffe
Ein Klebstoff kann nun als jede chemische Substanz definiert werden, die Materialien durch trennbeständige Oberflächenverbindungen auf funktionelle Weise zusammenhalten kann.
In der synthetischen Klebstoffchemie ist der wichtigste Bestandteil eines Klebers in der Regel ein Polymer, das die physikalischen und mechanischen Eigenschaften des Klebstoffs und seinen Anwendungsbereich definiert.
Die künstlichen - in der Natur nicht auftretenden - Klebstoffe lassen sich grob in drei Gruppen einteilen:
Die thermoplastischen Polymere bieten eine gute Haftung und starke Bindungen bei normalen Temperaturen. Diese Kleber liegen in fester Form vor und werden unter Anwendung von Wärme verflüssigt. Nach dem Aushärten können sie wiederum durch Hitze in die flüssige Phase gebracht werden. Beispiel ist der Kleber für Heißklebepistolen.
Duroplastische Kleber ermöglichen irreversibel aushärtende Klebeverbindungen. Diese Systeme sind bekannt für ihre hervorragende chemische Widerstandsfähigkeit und Wärmebeständigkeit.
Elastomerklebstoffe schließlich sind formfeste, aber elastisch verformbare Kunststoffe und bieten den Vorteil, vielseitig und schnell einsetzbar sowie modifizierbar zu sein.
Naturgemäß funktionieren Klebstoffe nur dann, wenn sie dem Behälter entnommen und bestimmten Umgebungseinflüssen ausgesetzt werden: So werden Klebstoffe auf Lösungsmittelbasis in Chemikalien gelöst, die sie stabil halten und das Anhaften im Behälter verhindern. An der Luft verdunstet das Lösungsmittel rasch, oder es wird schnell von der Oberfläche absorbiert, so dass der Klebstoff aushärtet.
Einige Klebstoffe wie die Epoxidharze bestehen aus zwei Komponenten, die miteinander gemischt werden müssen. Einmal kombiniert, gehen sie eine chemische Reaktion ein, die zur Härtung führt.
Andere Kleber härten durch den Einfluss von Licht bzw. UV-Licht, das eine photochemische Reaktion auslöst.
Die lösungsmittelfreien Sekundenkleber wie Ethylcyanacrylat bedienen sich den in winzigen Mengen in der Luft vorhandenen Hydroxid-Ionen, um eine Polymerisations-Reaktion auszulösen. Die schnell verlaufende Kettenreaktion führt zu einer sekundenschnellen Aushärtung des Klebstoffs, die durch Einwirkung von Hitze rückgängig gemacht werden kann.
Kosmetische Klebstoffe
Spezielle Klebstoffe werden im kosmetischen Bereich eingesetzt - häufig für Haar-, Augenbrauen- und Wimpernverlängerungen, künstliche Fingernägel, Eyeliner oder auch dekorativen Schmuck, selbst auf Zähnen.
An diese Hautkleber werden besondere Anforderungen gestellt; sie dürfen nicht gesundheitsschädlich sein. Häufige Anwendung finden daher die Cyanacrylat-Klebstoffe, die auch unter dem Namen Sekundenkleber bekannt sind. Sie bieten den Vorteil, äußerst gut zu haften, ohne Lösemittel auszukommen und notfalls, wenn auch mit gewissem Aufwand, wieder entfernbar zu sein.
Eine andere Gruppe sind die UV-Klebstoffe und die lichthärtenden Klebstoffe, zu denen UV-Cyanacrylate und UV-Acrylklebstoffe zählen; diese härten unter dem Einfluss von UV- bzw. Tageslicht aus.
Wasserlösliche Hautkleber eignen sich für temporäre Tattoos und anderen Körperschmuck bis zum nächsten Bad.
Auswahl des Klebstoffs
Da wir meist schon in der frühen Kindheit lernen mit Klebern zu arbeiten, entwickelt sich bei den meisten ein intuitives Gefühl dafür, welcher Kleber für welchen Zweck einzusetzen ist.
Für spezielle Anwendungen hält die Industrie eine ganze Palette verschiedener Klebstoffe bereit, die in den meisten Verbrauchermärkten erhältlich sind. Ohne hier auf einzelne Klebeproblematiken einzugehen, sei auf die Seiten des Industrie-Verbands Klebstoffe e. V. hingewiesen, der in seinem online verfügbaren Leitfaden „Kleben - aber richtig“ ausführlich praktische Hinweise zum Kleben im Allgemeinen und zur Klebstoff-Auswahl gibt.
Quellen und interessante Literatur zu den Klebstoffen
[1] - Ilaria Degano, Sylvain Soriano, Paola Villa et al.:
Hafting of Middle Paleolithic tools in Latium (central Italy): New data from Fossellone and Sant’Agostino caves.
In: PLOS ONE, 14(10):e0223714, (2019), DOI 10.1371/journal.pone.0213473, open access.
[2] - Miriam Schälte, Prof. Dr. Gisela Lück:
Kleben bis das Zeug hält - Experimente zu historischen Klebstoffen.
In: Chemikon, (2020), DOI 10.1002/ckon.201900035.
[3] - NN:
Muschel-Proteine als Klebstoffe.
In: Internetchemie News, (2008).
Letzte Änderung am 27. Juni 2023.
Permalink: https://www.internetchemie.info/chemikalien/klebstoffe-im-alltag.php.
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