"Aescin ist in seiner Wirkung gut untersucht, es dichtet die
geschädigten Blutgefäßwände ab, so dass weniger Flüssigkeit aus den
Venen ins Gewebe übertritt", teilt der Würzburger Studienkreis mit.
Dadurch werde die Ansammlung von Wasser in den Beinen verringert. Im
Zusammenspiel mit anderen Inhaltsstoffen wie Flavonoiden, Cumarinen
und Gerbstoffen wirke der Rosskastanien-Extrakt insgesamt
venenstärkend und entzündungshemmend.
Obwohl die Rosskastanie erst in den Kräuterbüchern aus der Mitte des
16. Jahrhunderts (Lonitzer, Matthioli) Erwähnung findet, wurde sie
doch schnell zum festen Bestandteil der Tierheilkunde und
Humanmedizin. Die volkstümliche Verwendung ihrer verschiedenen Teile
sei auf Grund der Inhaltstoffe zwar nachvollziehbar, es fehlen aber
naturwissenschaftliche Beweise für die Wirksamkeit, so der
Studienkreis. Die Rinde der Rosskastanie ist reich an Gerbstoffen, die
Durchfall und hämorrhoidale Beschwerden wie Nässen und Juckreiz
lindern können. Zudem enthält sie besonders viel Aesculin. Dieser
Stoff wird aus der Pflanze isoliert und dann in Sonnenschutzcremes
eingearbeitet. Er soll auch zur Linderung der chronischen
Veneninsuffizienz beitragen.
Die Blätter haben ein ähnliches Inhaltsstoffmuster wie die Rinde und
wurden früher unter anderem als Hustentee zubereitet. Heute finden sie
sich, ebenso wie die Blüten, manchmal in Tees oder Extrakt-Präparaten
gegen Venenleiden. Die Blüten wurden, teilweise zusammen mit der
Rinde, gegen Hämorrhoiden eingesetzt. Manche Menschen benutzten
Kastanien auch als Amulette gegen die Gicht, wobei sie die braunen
Samen entweder in der Hosentasche trugen oder unter die Bettmatratze
legten.
Verbreitung durch die Osmanen
Die Rosskastanie blickt auf eine interessante Geschichte zurück.
Ursprünglich über ganz Europa verbreitet, zog sie sich in der letzten
Eiszeit auf die Mittelgebirge Griechenlands, Mazedoniens und Albaniens
zurück und überlebte dort. Erst vor rund 450 Jahren kehrte sie dann
nach Westeuropa zurück. Der beliebte Baum, der vermutlich 300 Jahre
alt werden kann, wächst also erst seit relativ kurzer Zeit wieder
hier.
Verbreitet wurde er unter anderem durch die Feldzüge der Osmanen: Die
Türken führten Kastaniensamen als Pferdefutter und als Medizin für die
Tiere mit. Später wurden Rosskastanien bevorzugt auf Bierkellern
gepflanzt: Weil sie nur flache Wurzeln bilden, störten sie die
Kellergewölbe nicht. Außerdem sorgten sie mit ihren großen Blättern
bei der Reifung und Lagerung des Bieres für zusätzliche Feuchtigkeit
und Kühlung.
Gefahr durch die Miniermotte
Ihre Funktion als Schattenspender kann die Rosskastanie aber immer
schlechter erfüllen. Grund dafür ist die Rosskastanien-Miniermotte,
ein Schädling, der dem Baum seit jeher zusetzt. Das Insekt folgte
seiner Leibspeise in den vergangenen Jahren bis nach Westeuropa und
schwächt nun zunehmend die Bestände. Seine Larven ernähren sich
ausschließlich von Stoffen, die nur in den Blättern der Rosskastanie
vorkommen.
Mit der Esskastanie (Castanea sativa) ist die Rosskastanie nicht näher
verwandt. Den botanischen Namen Aesculus übernahm Carl von Linné von
antiken Schriftstellern wie Horaz und Plinius, wobei diese allerdings
eine Eichenart mit essbaren Früchten meinten. Der Beiname
hippocastanum ist das Vorbild für den deutschen Namen Rosskastanie.
Diese Bezeichnung ist durch die Ähnlichkeit der Früchte mit der
Esskastanie motiviert. Die Zusätze Hippo- oder Ross- sind dagegen
nicht völlig geklärt. Entweder sollen sie kennzeichnen, dass es sich
im Gegensatz zur Esskastanie um etwas Ungenießbares handelt, oder sie
beziehen sich darauf, dass die Samen als Rossarznei (gegen Dämpfigkeit
und Husten) und Pferdefutter verwendet wurden.
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