
Prinzip des Nano-Mikroskops für ultraschnelle
Vorgänge
Bild © MPQ
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Ohne es zu wissen, nutzten schon die
Hersteller von gefärbten gläsernen Gefäßen im antiken Rom bzw. von
Kirchenfenstern im Mittelalter die besonderen Eigenschaften
metallischer Nanopartikel aus. Indem sie der Glasschmelze Goldstaub
zusetzten, verliehen sie den Gläsern eine rötlich schimmernde Farbe.
Heute wissen die Fachleute, auf welche Vorgänge dieser Effekt
zurückgeht. Nanopartikel, d.h. Teilchen mit einer Ausdehnung von
einigen wenigen bis 100 Nanometern - das ist kleiner als die
Wellenlänge des sichtbaren Lichtes (ca. 400 - 800 Nanometer) -
bestehen aus nur einigen tausend Atomen. Wenn sichtbares Licht auf so
ein Partikel fällt, sind die im Metall frei beweglichen
Leitungselektronen dem elektrischen Lichtfeld ausgesetzt und werden
verschoben. Da die Struktur sehr klein ist, kommen sie aber nicht sehr
weit, sondern stauen sich mal auf der einen, mal auf der anderen
Seite. Auf diese Weise kommt es zu synchronisierten kohärenten
Schwingungen des gesamten Elektronenkollektivs. Solche Schwingungen
haben gewissermaßen Teilcheneigenschaften und werden daher auch
Oberflächenplasmonen genannt. Die rötliche Farbe in antiken römischen
Gefäßen und alten Kirchenfenstern basiert darauf, dass ein Teil des
sichtbaren Spektrums von den Goldnanopartikeln "verschluckt" und in
Plasmonen umgewandelt wird, sodass das durchscheinende Restlicht in
den Komplementärfarben leuchtet.
"Plasmonen erzeugen sehr hohe elektromagnetische Felder am Ort und in
der unmittelbaren Umgebung des Nanoteilchens. Aber wie sich diese
Plasmonenfelder auf- und wieder abbauen, ist noch nicht im Detail
verstanden. Die schnellsten dieser kollektiven Bewegungen spielen sich
innerhalb von einigen hundert Attosekunden ab (1 Attosekunde ist ein
Milliardstel von einem Milliardstel einer Sekunde) und gehören damit
zu den kürzesten in der Natur zu beobachtenden Prozessen", erläutert
Dr. Matthias Kling, Nachwuchsgruppenleiter am MPQ.
Ein neuartiges Verfahren, die Dynamik plasmonischer Felder mit
höchster Genauigkeit zeitlich aufzulösen und räumlich abzubilden, hat
nun der theoretische Physiker Prof. Mark Stockman von der Georgia
State University (Atlanta, Georgia, USA) gemeinsam mit
Experimentalphysikern der LMU und des MPQ erarbeitet. In ihrem Modell
(siehe Abbildung) simulieren die Wissenschaftler zunächst eine
Anordnung von Silber-Nanopartikeln auf einer Oberfläche, die mit
extrem kurzen, nur einige Femtosekunden währenden Pulsen (eine
Femtosekunde ist ein Millionstel einer Milliardstel Sekunde)
beschossen werden. Unter der Einwirkung eines Lichtpulses aus nur
wenigen Schwingungsperioden entstehen Plasmonenfelder, deren
Amplituden und Eigenfrequenzen (sie liegen zwischen nahem Infrarot und
nahem Ultraviolett) von der Größe, Form und Umgebung des jeweiligen
Nanoteilchens abhängen. Die Dynamik der Plasmonen wird nun
"abgefragt", indem ein mit der Anregung synchronisierter, etwa 170
Attosekunden langer Laserpuls, dessen Frequenz im Extremen
Ultraviolett liegt, auf die Nanostruktur geschickt wirkt und dort
Elektronen freisetzt. Die Energie und räumliche Verteilung dieser so
genannten Photoelektronen spiegelt die Eigenschaften der Plasmonen
wider, da sie zuvor in deren Feld beschleunigt wurden.
"Bei dem hier vorgelegten Konzept kombinieren wir zwei Verfahren, die
jedes für sich bereits Stand der Technik sind: Die
"Photoelektronen-Emissionsmikroskopie", kurz PEEM genannt, und die
Attosekunden-Streak-Spektroskopie", erklärt Prof. Ulf Kleineberg von
der LMU. "Wir erhalten dabei eine räumliche Auflösung, die in der
Größenordnung der Ausdehnung der Nanopartikel liegt, also einige 10
bis hundert Nanometer beträgt, und erreichen gleichzeitig aufgrund der
extrem kurzen Dauer der Attosekundenblitze eine zeitliche Auflösung
von etwa hundert Attosekunden. Dieses Messverfahren legt die
Grundlage, in Zukunft den Aufbau und die zeitliche Entwicklung dieser
Felder zu messen und durch maßgeschneiderte Lichtpulse gezielt zu
steuern."
Generell würde dieses nanoplasmonische Ultramikroskop erstmals die
direkte Beobachtung ultraschneller Prozesse in Nanosystemen
ermöglichen, wie etwa die Umwandlung von Sonnenlicht in elektrische
Energie. Die Autoren sehen aber zukünftige Anwendungen dieser Technik
vor allem in der Entwicklung von neuartigen Bauelementen, bei denen
lokalisierte nanoplasmonische Felder die Aufgaben von Elektronen in
der konventionellen Elektronik übernehmen, d.h. Informationen
übertragen, verarbeiten und speichern. "Der Vorteil läge darin, dass
Plasmonen in diesen Nanosystemen Informationsverarbeitung und
-übertragung mit sehr viel größeren Frequenzen (ca. 100.000 fach)
erlauben als Elektronen in Festkörpern. Auf diese Weise ließen sich
vielleicht zukünftig extrem schnelle optoelektronische und optische
Systeme für die Informationsverarbeitung realisieren." [O.M.]
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