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Evolutionär angepasster Blutfarbstoff

Optimiertes Hämoglobin von Mensch und Schnabeltier: Neutronen zeigen, wie sich das sauerstofftransportierende Protein an die Körpertemperatur verschiedener Arten anpasst.




Abbildung: Struktur des Hühner-Hämoglobins - Die vier grau, gelb, blau und rot markierten Untereinheiten im Inneren, an denen die Sauerstoffbindung stattfindet, sind je nach Spezies aus verschiedenen Aminosäuren zusammengesetzt und bestimmen so die temperaturabhängige Elastizität des gesamten Moleküls. [Bildquelle: Forschungszentrum Jülich]
Hühner-Hämoglobin

Für den gesunden menschlichen Organismus sind etwa 37 Grad Celsius ideal, Schnabeltiere kommen dagegen schon bei 33 Grad gut zurecht.

Jülicher Neutronenforscher haben zusammen mit französischen und australischen Kollegen herausgefunden, wie sich das Hämoglobin von verschiedenen Arten im Laufe der Evolution an die unterschiedlichen Körpertemperaturen angepasst hat.

Es ist so beschaffen, dass es den Sauerstoff bei der jeweiligen Temperatur optimal von der Lunge in die Zellen transportieren kann.

Die Forscher haben das Hämoglobin mehrerer Arten untersucht, darunter: ein Schnabeltier, das die niedrigste Körpertemperatur der ausgewählten Wirbeltiere aufweist (33 °C), ein Vogel, das gewöhnliche Huhn, mit einer sehr hohen Körpertemperatur von 42,8 °C, sowie ein wechselwarmes Krokodil (25-34 °C). Damit die Sauerstoffmoleküle die vier Eisenatome des Hämoglobins erreichen können, faltet sich das Hämoglobin teilweise auf und wird hinreichend flexibel, ohne dass seine strukturelle Integrität gefährdet wird. Bereits durch frühere Forschungsarbeiten war bekannt, dass die Elastizität der Hämoglobine von verschiedenen Spezies an die unterschiedlichen Körpertemperaturen angepasst ist. Doch welcher temperaturempfindliche Teil des Hämoglobins diese evolutionäre Anpassung bewirkt hat, blieb bisher offen.

Der Schlüssel zu diesem Rätsel, beschrieben im Journal of the Royal Society Interface [siehe unten], sind chemische Unterschiede zwischen den verschiedenen Hämoglobinen. Während sich alle aus Aminosäuren zusammensetzen, variieren die Arten der Aminosäuren und ihre Reihenfolge. Die Forschung konzentrierte sich auf Aminosäuren zwischen kleinen Löchern des Hämoglobins, Höhlen genannt, von denen bekannt ist, dass sie bei der Regulierung der Sauerstoffabsorption eine Rolle spielen. Die Variation dieser Aminosäuren beeinflusst direkt die Steifigkeit des gesamten Proteins und wurde von der Evolution so ausgewählt, dass die Leistungsfähigkeit bei der Körpertemperatur jeder einzelnen Art optimiert wird.

"Wir haben eine direkte Korrelation zwischen der Flexibilität dieser Proteine und der mittleren Körpertemperatur der verschiedenen Arten, in denen sie wirken, festgestellt", erläutert Dr. Andreas Stadler vom Forschungszentrum Jülich. "Hämoglobin arbeitet als hochsensibles molekulares Thermometer für die Körpertemperatur. Unsere Ergebnisse könnten insbesondere für die Forschung an roten Blutkörperchen in Biologie, Bio-Engineering und Biomedizin von Interesse sein, da sie erklären, wie die Evolution die lebenswichtige Rolle von Hämoglobin in den verschiedenen Arten optimiert hat."

Die Flexibilität und Steifigkeit der verschiedenen Hämoglobine wurden mit Neutronenstreu-Experimenten am FRM II in Garching und am ILL in Grenoble, zwei der weltweit intensivsten Neutronenquellen, gemessen. Neutronenstreuung wurde gewählt, weil mit dieser Methode die Bewegung innerhalb komplexer Strukturen exakt gemessen werden kann, ohne die für Strahlung sehr empfindlichen Proben zu zerstören. Um herauszufinden, welche Aminosäuren für die Variation der Steifigkeit verantwortlich sind, führte die Forschergruppe ergänzende Computersimulationen am CNRS in Paris durch.


Zusatzinformationen:

A. M. Stadler, C. J. Garvey, A. Bocahut, S. Sacquin-Mora, I. Digel, G. J. Schneider, F. Natali, G. M. Artmann, G. Zaccai:
Thermal fluctuations of haemoglobin from different species: adaptation to temperature via conformational dynamics.
In: Interface; online veröffentlicht am 13. Juni 2012, DOI 10.1098/rsif.2012.0364

Quelle: Forschungszentrum Jülich

 


Aktualisiert am 10.07.2012.



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