Menü ausblenden
Menü ausblenden   Internetchemie   |     About   |   Kontakt   |   Impressum   |   Datenschutz   |   Sitemap
Menü ausblenden   Chemie Index   |   Chemie-Lexikon   |   Chemikalien   |   Elemente
Menü ausblenden   Geräte + Instrumente   |  
Menü ausblenden   Jobbörse, Stellenangebote   |  
Menü ausblenden   Crowdfunding Chemie   |     Text veröffentlichen
Home und Neuigkeiten
Chemie A - Z
Produkte, Geräte für Labor und Industrie
Chemikalien und chemische Verbindungen
Stellenbörse für Chemie-Jobs
Impressum, Kontakt
Crowdfunding Chemie

 

Neue Nachweismethode für Pesterreger

Zuckermantel entlarvt Schwarzen Tod - Detektion des Pesterregers Yersinia pestis durch Anti-Kohlenhydrat-Antikörper.




Abbildung: Die Pest lässt sich durch Anti-Kohlenhydrat-Antikörper nachweisen. In einem neuen Verfahren wurde ein Pest-spezifisches Oligosaccharidantigen (siehe Struktur oben im Bild) synthetisiert und darauf aufbauend ein Glycan-Mikroarray zur Analyse von Patientenseren entwickelt. Mithilfe LPS-spezifischer monoklonaler Antikörper (mAbs) lässt sich Yersinia pestis detektieren (unten). [Bildquelle: Angewandte Chemie]
Detektion von Yersinia pestis

Auch heute noch kostet die Pest Leben von Mensch und Tier.

Ihre Erreger lassen sich mit einer neuen antikörper-basierten Detektionsmethode in Patientenseren und anderen biologischen Proben zuverlässig und empfindlich identifizieren.

Der Antikörper erkennt spezifisch eine besondere Zuckerstruktur auf der Zelloberfläche des Pesterregers, berichten deutsche Wissenschaftler in der Zeitschrift Angewandte Chemie [vgl. Literaturhinweis unten].

Der "Schwarze Tod" kostete in drei Pandemien in den letzten 1500 Jahren über 200 Millionen Menschen das Leben. Neuere Fälle der Pest wurden in Afrika und Asien beobachtet. Wegen der hohen Ansteckungsgefahr und der Schwere der Infektion ist Yersinia pestis, der Pesterreger, als biologischer Kampfstoff der Kategorie A eingestuft. Als Aerosol eingeatmet, verursacht er Lungenpest, die meist tödlich endet, wenn sie nicht rasch behandelt wird. Entsprechend wichtig ist eine rasche, zuverlässige Diagnose.

"Der Nachweis von Y. pestis erfolgt momentan entweder auf Basis der Polymerasekettenreaktion oder mit konventioneller Phänotypisierung", erläutert Peter Seeberger vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam: "Diese Nachweismethoden sind zwar verlässlich, dafür jedoch oft komplex, teuer und langsam." Die Erkennung von Oberflächenproteinen durch Antikörper sei eine vielversprechende und weniger komplizierte Alternative zum Nachweis der Pest, aber mit einer hohen Fehlerquote und eine geringen Selektivität gegenüber verwandten Bakterienstämmen verbunden.

Seeberger und sein Team fanden jedoch einen Ausweg: Gramnegative Bakterien wie der Pesterreger enthalten Verbindungen aus Fett- und Zuckerbausteinen in ihrer äußeren Zellmembran, die so genannten Lipopolysaccharide (LPS). "Die innere Kernregion der LPS des Pesterregers hat eine einzigartige Struktur, die sich von derjenigen anderer gramnegativer Bakterien unterscheidet", so Seeberger. "Dies könnte eine geeignete Region zum Nachweis mit spezifischen Antikörpern für eine rasche Vor-Ort-Diagnostik sein."

Da die Isolierung der LPS von Y. pestis eine umständliche Angelegenheit ist, entschieden sich die Potsdamer Forscher, ein typisches Motiv daraus synthetisch herzustellen, einen Abschnitt aus drei Zuckermolekülen, deren Gerüst aus je sieben Kohlenstoffatomen besteht. Diese sogenannte Triheptose knüpften sie an das Diphtherietoxoid CRM197 als Trägerprotein. Es handelt sich dabei um einen typischen Bestandteil zugelassener Impfstoffformulierungen, der die Bildung von Antikörpern auslöst. Die Forscher immunisierten Mäuse und isolierten Antikörper aus deren Blut.

Verschiedene Immunoassays zeigten, dass die erhaltenen Antikörper den Pesterreger mit hoher Selektivität und Empfindlichkeit erkennen und selektiv zwischen Y. pestis und anderen gramnegativen Bakterien unterscheiden. Die Forscher hoffen auf einen Einsatz in der patientennahen Labordiagnostik. Die Entwicklung entsprechender Tests sei Gegenstand aktueller Arbeiten.

 

Über den Autor

Prof. Peter Seeberger ist Direktor am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam sowie Professor an der Freien Universität Berlin. Seit 2003 ist er zudem Affiliate Professor am Burnham Institute in La Jolla, CA (USA). Sein besonderes Interesse gilt der synthetischen Kohlenhydratchemie, vor allem der Rolle komplexer Kohlenhydrate und Glykokonjugate bei der Informationsübertragung in biologischen Systemen. Seine Gruppe hat neue Methoden für die automatisierte Festphasensynthese komplexer Kohlenhydrate und Glykosaminoglykane entwickelt, die als molekulare Werkzeuge dienen.

 

 

Pressemitteilung der Freien Universität Berlin

Ein Schnelltest für die Pest

Eine Infektion mit Yersinia pestis, dem Erreger der Pest, lässt sich künftig möglicherweise leichter diagnostizieren als bisher. Wissenschaftler um Peter Seeberger, Professor an der Freien Universität Berlin und Direktor am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung (MPIKG) in Potsdam-Golm, haben einen einfachen, billigen und zuverlässigen Test für das Bakterium entwickelt.

Die auf Zuckerchemie und -biologie spezialisierten Forscher identifizierten und synthetisierten zunächst einen Mehrfachzucker, der für die Oberfläche des Bakteriums charakteristisch ist. Den Mehrfachzucker verknüpften sie mit einem Protein, um die immunologische Wirkung zu steigern. Mit dem Glykoprotein als Antigen lassen sich im Blut von Erkrankten Antikörper auf Yersinia pestis nachweisen. Die Potsdamer Forscher erzeugten mit dem Antigen aber auch Antikörper, mit denen der Pest-Erreger in infizierten Proben direkt festgestellt werden kann.

Die Pest gilt als verheerende Seuche des Mittelalters in Europa, Zentralasien und China. Ihr fielen insgesamt mehr als 200 Millionen Menschen zum Opfer. Doch auch heute ist die Krankheit keineswegs besiegt. Im Jahr 2002 zog eine Infektionswelle durch den indischen Bundesstaat Himachal Pradesh, 2008 erkrankten 18 Menschen in Madagaskar. Ziketan, eine Stadt im Nordwesten Chinas, wurde 2009 unter Pest-Quarantäne gestellt, im gleichen Jahr gab es 16 Fälle in der libyschen Stadt Tobruk. Darüber hinaus treten immer wieder Pestfälle im US-Bundesstaat Neu-Mexiko auf. Wegen ihrer hohen Ansteckungsrate und der tödlichen Wirkung gehört die Pest zu den gefährlichsten Biowaffen.

Pest kann zwar mit Antibiotika behandelt werden, die Überlebensrate der Patienten verringert sich aber mit jeder Stunde, in der die Krankheit unerkannt bleibt. Unbehandelt verläuft die Pest je nach Ausprägungsform oft innerhalb kurzer Zeit tödlich. "Der wichtigste Faktor für das Überleben der Pest ist ein frühes Erkennen der Infektion", sagt Dr. Chakkumkal Anish, Leiter der Arbeitsgruppe Glykobiologie am Potsdamer Max-Planck-Institut, "deshalb kann unsere Arbeit in Zukunft die Überlebensrate von Pestpatienten positiv beeinflussen."

Um den Pest-Erreger sicher nachweisen zu können, spürten die Forscher in einem Lipopolysaccharid auf der Oberfläche von Yersinia pestis zunächst einen Mehrfachzucker auf, der sich als spezifisches Antigen eignet. Diese komplexe Verbindung stellten sie dann in mehreren Schritten synthetisch her. Anschließend verknüpften die Chemiker das Zuckermolekül mit einem Eiweiß, das in vielen Impfstoffen enthalten ist, um die Immunreaktion zu steigern. Das Glykoprotein, das in der Verbindung von Zucker und Eiweiß entstand, bewirkt auch in Mäusen eine Immunreaktion. Das nutzten die Forscher, um mit Immunzellen von Mäusen Antikörper gegen das Pest-Bakterium zu erzeugen.

Mit den Antikörpern lassen sich mit hoher Selektivität (Treffsicherheit) Pest-Bakterien identifizieren, ohne dass das Ergebnis durch andere der Pest biochemisch verwandte Bakterien verfälscht würde. Das Ergebnis ist eine Art Pest-Schnelltest. Das Forschungsergebnis lässt sich in der medizinischen Praxis auf verschiedene Weise anwenden. Zum einen eignet sich das Glykoprotein, um es auf Teststreifen aufzubringen und damit als Antigen Antikörper aus dem Blut von Erkrankten einzufangen. Die Komplexe von Antigen und Antikörper lassen sich mit fluoreszierenden Proteinen leicht nachweisen. Zum anderen könnten die Antikörper dazu dienen, den Pest-Erreger in infiziertem Gewebe direkt nachzuweisen. Dabei verraten wiederum fluoreszierende Proteine, ob die Antikörper an die Bakterienoberfläche angedockt haben.

"Solche zuverlässigen Tests lassen sich einfach und kostengünstig herstellen", sagt Peter Seeberger. Somit hat das neue Verfahren gegenüber bisherigen Testmethoden große Vorteile. Bisher werden Pest-Erreger anhand von Phänotypisierung oder anhand ihrer Gene nachgewiesen. Doch die entsprechenden Verfahren sind kompliziert und teuer, können aber vor allem fehlerhafte Diagnosen liefern.

Der neue Nachweis ist Forschungserfolgen auf dem Gebiet der Glykomik (Glycomics) zu verdanken. Die Glykomik widmet sich der Erforschung von Kohlehydraten, zu denen alle Zucker gehören, und ihrer Rolle in der Biologie. Inzwischen können Forscher immer komplexere Kohlehydratstrukturen untersuchen und synthetisieren. "Wir setzen mittlerweile komplexe Strukturen aus einfachen Bausteinen zusammen, ähnlich wie ein Kind aus einzelnen Legosteinen ein Raumschiffmodell zusammensetzt", erläutert Chakkumkal Anish. "Wir haben gerade erst angefangen, die damit verbundenen Möglichkeiten zu nutzen." Denn die chemischen Methoden bedeuten nicht alleine wissenschaftliche Fortschritte, sie helfen auch, neue Diagnosen und Behandlungsmethoden sowie Impfungen gegen Krankheiten zu entwickeln. "Grundlagenforschung hat einen Wert an sich", sagt Peter Seeberger. "Aber auf dem Gebiet der Glycomics gelingt es uns immer öfter, unsere Forschung direkt in Anwendungen zu überführen, die praktischen Wert haben, so wie in diesem Fall für die Medizin."


Zusatzinformationen:

Dr. Chakkumkal Anish, Dr. Xiaoqiang Guo, Annette Wahlbrink, Prof. Dr. Peter H. Seeberger:
Detektion des Pesterregers durch Anti-Kohlenhydrat-Antikörper.
In: Angewandte Chemie; online veröffentlicht am 10. Juli 1013, DOI 10.1002/ange.201301633

Quelle: Angewandte Chemie, Pressinformation Nr. 28/2013

 


Aktualisiert am 18.07.2013.



© 1996 - 2024 Internetchemie ChemLin






Akzeptieren

Diese Website verwendet Cookies. Durch die Nutzung dieser Webseite erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden. Mehr erfahren