Wie trennt man ein Gemisch, dessen Komponenten sehr ähnliche Eigenschaften haben?
Kroatische Forscher stellen in der Zeitschrift Angewandte Chemie [siehe unten] einen neuen Ansatz zur Trennung organischer Verbindungen vor.
Eine Wirtsverbindung erkennt die gesuchten Gastmoleküle nicht nur in Lösung, sondern auch im Festkörper, wenn der Wirt und Mischungen, die den Gast enthalten, miteinander vermahlen werden.
Diese Erkennung mittels Mechanochemie lieferte bei der Abtrennung von Maleinsäure aus einer Mischung sehr ähnlicher Dicarbonsäuren die gleiche Selektivität wie bei der Kristallisation aus Lösung.
Mischungen von Dicarbonsäuren lassen sich durch Kristallisation, Rektifikation oder Extraktion trennen; diese Verfahren stoßen jedoch oft an ihre Grenzen, da die zu trennenden Dicarbonsäuren sehr ähnliche physikalische Eigenschaften haben. Krunoslav Užarevic und seine Kollegen vom Ruder-Boškovic-Institut sowie von der Universität Zagreb schlagen nun einen alternativen Weg vor: eine Trennung durch molekulare Erkennung in der Festphase. Unter molekularer Erkennung versteht man das Zusammenlagern von zueinander passenden Molekülen ohne chemische Bindung, man kennt dies z.B. von Enzymreaktionen und der DNA-Basenpaarung. Das Prinzip wird auch zum Aufbau supramolekularer Systeme für die Nanotechnologie genutzt. Werden Moleküle dabei in andere eingelagert spricht man von Wirts-Gast-Beziehungen. Normalerweise läuft dies in Lösung, damit Wirt und Gast die nötige Beweglichkeit haben, sich nahe genug zu kommen und zu wechselwirken.
Die Trennung über eine Wirts-Gast-Beziehung ist eine Herausforderung, da es sich bei den zu trennenden Dicarbonsäuren teilweise um Isomere oder geometrisch sehr ähnliche Moleküle handelt. So sind z.B. Fumarsäure und Maleinsäure Isomere. Fumarsäure kommt als Zwischenprodukt des Energiestoffwechsels in allen Zellen vor. Sie wird in der Lebensmittel- und der pharmazeutischen Industrie vielfach verwendet. Maleinsäure wird z.B. zur Herstellung von Polymeren, beim Färben von Baumwolle sowie in Entkalkungsmitteln eingesetzt. Fumarsäure wird üblicherweise durch Isomerisierung von Maleinsäure gewonnen. Maleinsäure ist gesundheitsschädlich, eine gewissenhafte Abtrennung von Resten daher unumgänglich.
Als Wirtsmolekül wählte das Forscherteam ein Polyamin. Es besteht aus zwei sauerstoffhaltigen Kohlenwasserstoff-Sechsringen, die über eine Kohlenwasserstoffkette, die drei Amingruppen enthält, verbunden sind. Die Verbindung ist flexibel und kann in verschiedenen Konformationen kristallisieren. Als Wirt bindet sie bevorzugt Maleinsäure, die sie zwischen den zwei Ringen regelrecht in die Zange nimmt. Auch in Anwesenheit eines Überschusses an Fumarsäure sowie vier weiterer verwandter Dicarbonsäuren wurde Maleinsäure selektiv gebunden. Das Besondere: Diese Wirts-Gast-Bindung funktioniert sowohl konventionell bei einer gemeinsamen Kristallisation aus einer Lösung als auch direkt in der Festphase, wenn die Dicarbonsäuremischung zusammen mit dem Wirt intensiv vermahlen wird.
Die selektiven Bindung und Trennung von Gastmolekülen aus festen Mischungen ist, abgesehen von einigen Pionierarbeiten, ein bisher noch weitgehend unerforschtes Gebiet - das ein großes Potenzial für umweltfreundlichere Trennverfahren eröffnet.
Über den Autor
Dr. Krunoslav Užarevic ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Ruder Boškovic Institute in Zagreb. Seine Forschungsinteressen liegen vor allem in der Untersuchung und Anwendung der Prinzipien der supramolekularen Chemie für eine steuerbare Festphasen-Reaktivität und eine Entwicklung grünerer Technologien in Synthese und Trenntechnik.
Zusatzinformationen:
Dr. Krunoslav Užarevic, Dr. Ivan Halasz, Dr. Ivica Ðilovic, Nikola Bregovic, Dr. Mirta Rubcic, Prof. Dubravka Matkovic-Calogovic, Prof. Vladislav Tomišic:
Dynamic Molecular Recognition in Solid State for Separating Mixtures of Isomeric Dicarboxylic Acids.
In: Angewandte Chemie; online veröffentlicht am 15. April 2013, DOI 10.1002/ange.201301032
Quelle: Angewandte Chemie, Presseinformation Nr. 16/2013
Aktualisiert am 03.05.2013.
Permalink: https://www.internetchemie.info/news/2013/may13/selektive-mechanochemie.php
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