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Publiziert am 27.11.2008 Infos zum Internetchemie RSS News Feed

Überraschender Fund in der Krebsforschung


 
Apotose-Inhibitoren verhindern nicht nur den Zelltod, sondern beeinflussen auch die Bildung von Metastasen.

FRANKFURT. Zu den Charakteristika von Krebszellen gehört es, dass sie den programmierten Zelltod (Apoptose), mit dem der Körper sich vor der Vermehrung defekter Zellen schützt, gezielt verhindern. Dazu exprimieren sie vermehrt so genannte Apoptose-Inhibitoren (IAPs). Diese sind das Ziel vieler Krebs-Medikamente: Denn reduziert man die Zahl der IAPs, werden Tumorzellen durch den Selbstschutzmechanismus des Körpers zerstört. Allerdings haben die IAPs noch eine weitere Funktion im Körper, wie eine Forschergruppe der Goethe-Universität in Zusammenarbeit mit den Universitäten in Würzburg und Philadelphia, USA, jetzt herausfand: Unterdrückt man die Bildung von IAPs, nimmt in einer anderen Signalkaskade, die unter anderem für die Wanderung von Zellen entscheidend ist, die C-RAF Kinase stark zu. Das bedeutet, dass auch die Bildung von Metastasen gefördert wird. Medikamente, die IAPs angreifen, sollten daher nach Ansicht der Forscher künftig mit Bedacht eingesetzt werden.

Krebszellen

Bestimmte Krebsmedikamente können dazu führen, dass die Krebzellen beweglicher werden und im Körper Metastasen bilden.

Bildquelle: K. Rajalingam

"Diese Ergebnisse sind für uns sehr überraschend", erklärt Dr. Krishnaraj Rajalingam, Leiter der Emmy-Noether-Gruppe am Institut für Biochemie II der Frankfurter Goethe-Universität, "Bisher kannten wir die IAPs nur in ihrer Rolle als Unterdrücker der Apoptose, und jetzt stellen wir fest, dass sie auch einen Einfluss auf die MAP-Kaskade haben". Zwar war schon vorher bekannt, dass diese Signaltransduktionskaskade die Apoptose steuert, aber sie regelt außerdem die Vermehrung, das Wachstum und die Wanderung von Zellen. Die Kaskade enthält eine Reihe von Signalproteinen, darunter auch das RAS-Protein, von dem man weiß, dass es bei der Krebsentstehung eine wichtige Rolle spielt: Bei 20 bis 30 Prozent der Karzinome ist das zugehörige Gen mutiert.

Unmittelbar nach RAS folgt in der Signalkaskade die C-RAF Kinase, die - wie die Forscher in der aktuellen Ausgabe von "nature cell biology" berichten - eine starke Bindung zu einem bestimmten Apoptose-Inhibitor (XIAP) eingeht. "Wenn wir gezielt Gene ausschalten, die IAPs exprimieren, nimmt die C-RAF Kinase sowohl in gesunden als auch in Krebszellen zu. Daraufhin ändern diese Zellen ihre Form und beginnen sich schneller zu bewegen." Koautor Prof. Ulf R. Rapp von der Universität Würzburg, der vor 25 Jahren die C-RAF Kinase entdeckte, rechnet damit, dass diese Entdeckung die Krebstherapie entscheidend beeinflussen wird.

Prof. Werner-Müller Esterl, der Direktor des Frankfurter Instituts für Biochemie II und designierte Präsident der Goethe-Universität freut sich über den Erfolg seines jungen Kollegen, der erst vor einigen Monaten nach Frankfurt kam: "Das ist ein aufregendes Ergebnis. Dieser frühe Erfolg unserer neuen Emmy-Noether-Gruppe zeigt, dass die Förderung unabhängiger Nachwuchswissenschaftler, ein erklärtes Ziel die Goethe-Universität, sich wieder einmal ausgezahlt hat."

Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 1914 von Frankfurter Bürgern gegründet, ist sie heute eine der zehn größten Universitäten Deutschlands. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein einzigartiges Maß an Eigenständigkeit. Rund um das historische Poelzig-Ensemble im Frankfurter Westend entsteht derzeit für rund 600 Millionen Euro der schönste Campus Deutschlands. Mit über 50 seit 2000 eingeworbenen Stiftungs- und Stiftungsgastprofessuren nimmt die Goethe-Universität den deutschen Spitzenplatz ein. In drei Forschungsrankings des CHE in Folge und in der Exzellenzinitiative zeigte sie sich als eine der forschungsstärksten Hochschulen.


Die Julius-Maximilians-Universität Würzburg veröffentlichte hierzu:

Überraschender Fund in der Krebsforschung

Schadet eine neue Generation von Medikamenten gegen Krebs, die sich zurzeit noch in der klinischen Erprobung befindet, möglicherweise mehr als sie hilft? Eine Entdeckung Würzburger Wissenschaftler legt diesen Verdacht nahe. Weitere Untersuchungen sind deshalb dringend nötig.

Wenn Zellen des menschlichen Körpers nicht mehr so funktionieren, wie sie sollen, verhindert normalerweise ein ausgeklügelter Mechanismus, dass sich die defekten Zellen vermehren: der sogenannte programmierte Zelltod - im Fachjargon Apoptose genannt. Bei Krebszellen ist dieser Mechanismus außer Kraft gesetzt; sie produzieren in großer Menge Proteine, sogenannte IAPs, die ihrerseits den Start des Zelltodprogramms verhindern.

 

Unerwartete Nebenwirkungen

Für Mediziner sind diese Proteine deshalb von großem Interesse. Ihre Hoffnung ist es, Tumore am Wachsen zu hindern, indem sie die Bildung dieser Proteine blockieren. Denn dann müssten die Tumorzellen dank des Selbstschutzmechanismus des Körpers zerstört werden. Entsprechende Medikamente befinden sich zurzeit in der klinischen Testphase.

Doch die Hoffnung auf ein neues Anti-Krebs-Medikament hat jetzt einen Dämpfer erhalten: "Wir haben herausgefunden, dass es für die Betroffenen möglicherweise äußerst negative Konsequenzen hat, wenn man die Bildung der IAPs unterdrückt", sagt Ulf R. Rapp, Professor am Institut für Medizinische Strahlenkunde und Zellforschung der Universität Würzburg, der gemeinsam mit Dr. Krishnaraj Rajalingam, inzwischen Leiter der Emmy-Noether-Gruppe am Institut für Biochemie II der Frankfurter Goethe-Universität, das Protein genauer untersucht hat.

 

Ein deutliches Warnsignal für die Kliniker

Wie die beiden Wissenschaftler, unterstützt von Kollegen von Universitäten in Frankfurt und Philadelphia, USA, entdeckt haben, besitzen die Proteine noch eine weitere Funktion im Körper. Fehlen sie, steigt an anderer Stelle die Aktivität einer Signalkaskade deutlich an, die unter anderem für die Wanderung von Zellen entscheidend ist. "Wenn wir gezielt Gene ausschalten, die für die Produktion der IAPs verantwortlich sind, führt das dazu, dass sowohl gesunde als auch Krebszellen ihre Form ändern und sich schneller bewegen", sagt Rapp. "Das bedeutet als Konsequenz für den Patienten, dass das Medikament möglicherweise die Bildung von Metastasen begünstigt." Ein "deutliches Warnsignal für die Kliniker" ist diese Entdeckung nach Rapps Ansicht.

"Diese Ergebnisse sind für uns sehr überraschend", erklärt Krishnaraj Rajalingam. "Bisher kannten wir diese Proteine nur in ihrer Rolle als Unterdrücker der Apoptose, und jetzt stellen wir fest, dass sie auch einen Einfluss auf die sogenannte MAP-Kaskade und Zellwanderung haben".

 

Ein Balanceakt von guten und schlechten Eigenschaften

Unbrauchbar sind die neuen Medikamente nach Ansicht der Beiden deshalb nicht unbedingt. "Es handelt sich um einen Balanceakt von positiven und negativen Eigenschaften", sagt Rapp. Nun sei die Forschung gefragt und müsse für jede Tumorart gezielt untersuchen, welche der Eigenschaft jeweils überwiegt - die gute oder die schlechte. Die Therapie automatisch verordnen, sei zum jetzigen Zeitpunkt allerdings nicht mehr möglich.

 

Quellen und Artikel:

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Open Access Article:
Taner Dogan, Gregory S. Harms, Mirko Hekman, Christiaan Karreman, Tripat Kaur Oberoi, Emad S. Alnemri, Ulf R. Rapp & Krishnaraj Rajalingam:
X-linked and cellular IAPs modulate the stability of C-RAF kinase and cell motility.
In: Nature Cell Biology; published online: 16 November 2008; DOI: 10.1038/ncb1804

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Quellen: Goethe-Universität Frankfurt am Main

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Julius-Maximilians-Universität Würzburg

 

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