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Publiziert am 08.10.2007 Infos zum Internetchemie RSS News Feed

Medizin Nobelpreis 2007


 
Für ihre Entdeckungen zur Modifikation spezifischer Gene von Mäusen unter Verwendung embryonaler Stammzellen wurden am 08. Oktober 2007 als Nobelpreisträger für Physiologie und Medizin 2007 die drei Wissenschaftler Mario Capecchi (USA), Martin Evans (UK) und Oliver Smithies (UK) geehrt. Die Preisverleihung findet traditionsgemäß am 10. Dezember - dem Todestag Alfred Nobels - in Stockholm statt.

Die ausgezeichneten Forscher haben bahnbrechende Ergebnisse im Bereich der embryonalen Stammzellen und der DNA-Rekombination bei Säugetieren erzielt.

Diese Erkenntnisse sind Grundlage des so genannten "Gene-Targeting", einer Technik mit der Mäuse mit Mutationen in jedem beliebigen Gen gezüchtet werden können. Dieses wiederum ermöglicht es den Wissenschaftlern Rückschlüsse auf Krankheiten beim Menschen - wie zum Beispiel Herzkrankheiten, Diabetes oder Krebs - zu ziehen.

Durch das "Gene Targeting" können einzelne Gene gezielt ausgeschaltet oder in ihrer Funktion verändert werden. Man spricht daher auch von Gen-Knockout-Experimenten und von "Kockout-Mäusen", bezogen auf das Ausschalten eines Gens, das jetzt seine Funktion nicht mehr wahrnehmen kann und so den Wissenschaftlern erlaubt, Rückschlüsse auf die Funktion des ausgeschalteten Gens zu ziehen. Zur Zeit konnten mehr als 10 000 Gene bei Mäusen ausgeschaltet werden - das entspricht annähernd der Hälfte des Genoms von Säugetieren. In naher Zukunft werden Knockpout-Mäuse für alle Gene verfügbar sein.

Durch die genetische Verwandtschaft von Mäusen und Menschen eröffnet diese Grundlagenforschung wichtige Ansätze für die medizinische Forschung und neue Therapien einer Vielzahl von Krankheiten beim Menschen.

 

Homologe Rekombination

Die DNA (Desoxyribonukleinsäure) beinhaltet den Bauplan und die Informationen über die Funktionen menschlicher, tierischer und pflanzlicher Organismen. Sie befindet sich in den Chromosomen, die paarweise auftreten - jeweils eines von der Mutter und eines vom Vater vererbt. Der Austausch von DNA-Sequenzen zwischen den Chromosomenpaaren vergrößert die genetische Vielfalt innerhalb einer Population. Der Austausch wird als homologe DNA-Rekombination bezeichnet und ist seit Beginn des Lebens unverändert Antriebsfeder der Evolution. Voraussetzung für die homologe Rekombination sind DNA -Abschnitte mit gleicher oder sehr ähnlicher Abfolge der DNA-Bausteine.

Die Vision von Mario Capecchi and Oliver Smithies war, dass die homologe Rekombination dazu verwendet werden könnte, spezielle Modifikationen in die Gene von Säugetieren einzuführen - an der Verwirklichung arbeiten beide bis zum heutigen Tage.

Capechi konnte zeigen, dass die DNA Rekombination zwischen eingeführter DNA und den Chromosomen in Säugetierzellen stattfindet und dass defekte Gene mittels homologer Rekombination durch die künstlich eingeführte DNA repariert werden können.

Smithies ursprüngliche Arbeit lag in der Reparatur mutanter menschlicher Zellen. Er ging dabei von der Möglichkeit aus, dass vererbte Blutkrankheiten durch Korrektur der krankheitsauslösenden Genmutationen in Knochenmark-Stammzellen behandelt werden könnten. Während seiner Arbeit entdeckte er, dass endogene Gene unabhängig von ihrer Aktivität verändert werden können. So kam er zu der Erkenntnis, dass alle Gene für die Modifikationen durch die homologe Rekombination zugänglich sind.

 

Embryonale Stammzellen

Die anfänglich von Capecchi und Smithies verwendeten Zellen konnten nicht zur Modifizierung tierischer Gene verwendet werden. Hierzu war ein anderer Zelltyp erforderlich - nämlich ein Zelltyp, der zur Keimung von Zellen führte und damit zur "Vererbung" von DNA-Modifikationen.

Martin Evans arbeitete mit embryonalen Krebszellen von Mäusen (EC - embryonal carcinoma cells), die sich zu fast jeder Zellart entwickeln können, obwohl sie aus Tumoren stammen. Seine Vision: Die Verwendung von EC-Zellen als Transportvehikel zur Einschleusung von genetischem Material in die Keimzellen von Mäusen. Zunächst erfolglos, weil die EC-Zellen anormale Chrmomosomen enthielten, suchte Evans nach Alternativen: Er entdeckte, dass auf die Chromosomen bezogene normale Zellkulturen direkt von frühen Mäuseembryos etabliert werden können. Dieser Zellen werden als embryonale Stammzellen (ES) bezeichnet.

Im nächsten Schritt mußte gezeigt werden, dass die Informationen der embryonalen Stammzellen zur Entwicklung des Organismus beitragen. Dies geschah wiederum an Mäusen, und Evans konnte zeigen, dass die gentische Information der Stammzellen in Übereinstimmung mit den Mendelschen Gesetzen weitervererbt werden.

Jetzt konnten die embryonalen Stammzellen genetisch verändert werden, wofür Evans Retroviren verwednete, die ihre Gene in die Chromosomen integrieren. Er demonstrierte die Übertragung der retroviralen DNA von ES-Zellen an Mäusen, die so mit neuem genetischen Material ausgestattet wurden.

 

Homologe Rekombination in embryonalen Stammzellen

Seit 1986 standen mit den beschriebenen Methoden alle Instrumente zur Verfügung, genveränderte embryonale Stammzellen zu erzeugen. Nun mußten nur noch beide Methoden kombiniert werden: Dazu verwendeten Smithies and Capecchi das leicht identifizierbare Gen, welches das seltene Lesch-Nyhan Syndrom (Hyperurikämie-Syndrom, Hyperurikose) verursacht. Capecchi verfeinerte die Strategien zur Genmanipulation und entwickelte eine neue Methode (sog. Positiv-Negativ-Selektion), die allgemein anwendbar ist.

 

Knockout-Mäuse

Die ersten Artikel über homologe Rekombinationen in embryonalen Stammzellen stammen aus dem Jahre 1989. Von da an stieg die Zahl der Publikationen über Linien von Knockout-.Mäusen exponentiell. Die Genmanipulation hat sich seit dem zu einer sehr vielseitigen Technik entwickelt; sie ermöglicht es heute, Mutationen in Zellen einzubauen, die zu beliebigen Zeitpunkten an- und ausgeschaltet werden können - und das in beliebigen Zellen oder Organen; und sowohl während der Entwicklung als auch im erwachsenen Organismus.

 

Genmanipulation als Instrument zur Erforschung von Krankheiten

Nahezu jeder Aspekt der Säugetier-Physiologie kann mit der Methode der Nobelpreisträger studiert werden. Zur Zeit explodiert die Zahl der Forschungsarbeiten zur praktischen Anwendung dieser Technologie, so dass es nicht mehr möglich ist, die Ergebnisse in ihrer Gesamtheit zusammen zu fassen. Nur eines lässt sich sagen: Die angestossene Forschung wird in vielen Bereichen der Medizin und Tiermedizin zu neuen Therapieansätzen führen.


 

Quellen und Artikel:

-

Nobelpreis für Medizin oder Physiologie 2007: Offizielle Seite der Nobel Stiftung.

-

Gene modification in mice: Ausführliche Informationen des Nobelpreiskomitees zur wissenschaftlichen Arbeit der Nobelpreisträger in englischer Sprache.

-

Homepage von Mario R. Capecchi, Ph.D. [Howard Hughes Medical Institute , HHMI].

-

Homepage von Sir Martin J. Evans [Cardiff School of Biosciences].

-

Homepage von Oliver Smithies, DPhil [University of North Carolina, Department of Pathology & Laboratory Medicine].

 

Ähnliche Artikel:

 

Ursache für Untergang von Nervenzellen bei Rückenmarksverletzungen in Mäusen ausgeknockt

 

Weitere Informationen:

-

Nobelpreis Chemie 2007

-

Nobelpreis Physik 2007

-

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