Die Ancistrolikokine bilden eine Gruppe von Naturstoffen, die den Naphthylisochinolin-Alkaloiden zugeordnet wird und die erstmals 2000 aus der kongolesischen Lianen-Art Ancistrocladus likoko in Form der Ancistrolikokin-Vertreter A bis C isoliert wurden [1]. Bei der ersten Stoffcharakterisierung zeigten diese Verbindungen eine gute bis moderate Aktivität gegen Malaria, wenn sie in vitro gegen die Stämme NF54 und K1 von Plasmodium falciparum eingesetzt wurden.
In den weiteren Jahren folgten die Entdeckung und die Chararakterisierung weiterer Substanzen dieses Typs, namentlich das Ancistrolikokin D [2] und die Ancistrolikokine C2, E, E2, F, G, H und H2 [3].
Die neueren Ancistrolikokine zeigen eine moderate bis gute zytotoxische Aktivität gegenüber der humanen Bauchspeicheldrüsen-Krebszelllinie PANC-1 in einem nährstoffarmen Medium - bei gleichzeitig geringer Toxizität. Das Ancistrolikokin H2 zeigte hierbei die größte Wirksamkeit.
Ancistrolikokin E3
Neuere Forschungsergebnisse bescheinigen der Ancistrolikokin-Variante E3 vielversprechende Wirkeigenschaften gegen die PANC-1-Pankreaskarzinomzellen, die für ihre Fähigkeit bekannt sind, auch unter extremen Bedingungen mit wenigen Nährstoffen und wenig Sauerstoff zu gedeihen und Metastasen auszubilden [4]. Diese ungewöhnliche Widerstandsfähigkeit der Zellen gegen Nährstoffmangel ist einer der Gründe, warum Bauchspeicheldrüsenkrebs so tödlich ist: Während die meisten Zellen unter diesen extremen Bedingungen absterben würden, überleben die Pankreaskrebszellen, indem sie einen Zellsignalweg namens Akt/mTOR aktivieren. Ancistrolikokin E3 vermag nun, diesen Autophagie-Signalweg der Krebszellen zu hemmen.
Für ihre Studien bedienten sich die Forscher der gemahlenen Zweige der Liane Ancistrocladus likoko und trennten die Inhaltsstoffe mit Hilfe der Hochleistungsflüssigkeitschromatographie HPLC. Das so gewonnene Alkaloid Ancistrolikokin E3 wurde chemisch charakterisiert und dessen dreidimensionale Struktur bestimmt (vgl. Strukturformel unten).
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass dieser neue Wirkstoff die Pankreaskrebszellen unter Nährstoffmangel abtötete - nicht jedoch, wenn die Nährstoffe reichlich vorhanden waren. Ancistrolikokin E 3 inhibierte auch die Wanderung und Besiedlung von Krebszellen in Labortests, was darauf hindeutet, dass der Wirkstoff die Metastasierung bei Patienten verhindern kann.
Im Resultat ist Ancistrolikokin E3 ein vielversprechender Wirkstoff für die Entwicklung von neuen Krebsmedikamenten.
Strukturformeln der Ancistrolikokine
Die Substanzen unterscheiden sich strukturell in den Substitutionsmustern der Hydroxy- (-OH) und Methoxy-Gruppen (-OCH3) sowie im Hydrierungsgrad des Chinolin-Rings. Gemeinsam ist allen die 5,8'-Verknüpfung des Isochinolin-Rings mit der substituierten Naphthalin-Funktion.
Ancistrolikokin A
(1R,3R)-5-(4-Hydroxy-5-methoxy-7-methyl-1-naphthyl)-6-methoxy-1,2,3-trimethyl-1,2,3,4-tetrahydro-8-isochinolinol
C25H29NO4
Ancistrolikokin A2
C25H29NO4
Ancistrolikokin A3
C26H31NO4
Ancistrolikokin B
(1S,3R)-5-(5-Hydroxy-4-methoxy-7-methyl-1-naphthyl)-8-methoxy-1,3-dimethyl-1,2,3,4-tetrahydro-6-isochinolinol
C24H27NO4
Ancistrolikokin C
(1R,3R)-5-(5-Hydroxy-4-methoxy-7-methyl-1-naphthyl)-8-methoxy-1,2,3-trimethyl-1,2,3,4-tetrahydro-6-isochinolinol
C25H29NO4
Ancistrolikokin C2
C26H31NO4
Ancistrolikokin D
(3S)-5-(5-Hydroxy-4-methoxy-7-methyl-1-naphthyl)-8-methoxy-1,3-dimethyl-3,4-dihydro-6-isochinolinol
C24H25NO4
Ancistrolikokin E
C23H23NO4
Ancistrolikokin E2
C24H25NO4
Ancistrolikokin E3
C25H27NO4
Ancistrolikokin F
C24H25NO4
Ancistrolikokin G
C24H23NO4
Ancistrolikokin H
C25H29NO4
Ancistrolikokin H2
C26H31NO4
Quellen und weitere Informationen:
[1] - Gerhard Bringmann, Christian Günther, Wael Saeb, Jan Mies, Anura Wickramasinghe, Virima Mudogo, Reto Brun:
Ancistrolikokines A-C: New 5,8'-Coupled Naphthylisoquinoline Alkaloids from Ancistrocladus likoko.
In: Journal of Natural Products, (2000), DOI 10.1021/np000199t.
[2] - Gerhard Bringmann et al.:
Ancistrolikokine D, a 5,8'-coupled naphthylisoquinoline alkaloid, and related natural products from Ancistrocladus likoko.
In: Phytochemistry, (2003), DOI 10.1016/S0031-9422(02)00570-8.
[3] - Shaimaa Fayez, Doris Feineis, Virima Mudogo, Suresh Awale, Gerhard Bringmann:
Ancistrolikokines E-H and related 5,8'-coupled naphthylisoquinoline alkaloids from the Congolese liana Ancistrocladus likoko with antiausterity activities against PANC-1 human pancreatic cancer cells.
In: RCS Advances, (2017), DOI 10.1039/c7ra11200a.
[4] - Suresh Awale, Dya Fita Dibwe, Chandrasekar Balachandran, Shaimaa Fayez, Doris Feineis, Blaise Kimbadi Lombe, Gerhard Bringmann:
Ancistrolikokine E3, a 5,8'-Coupled Naphthylisoquinoline Alkaloid, Eliminates the Tolerance of Cancer Cells to Nutrition Starvation by Inhibition of the Akt/mTOR/Autophagy Signaling Pathway.
In: Journal of Natural Products, (2018), DOI 10.1021/acs.jnatprod.8b00733.
Kategorie: Stoffgruppen, Naturstoffe
Aktualisiert am 23. Juni 2023.
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