Polonium ist ein sehr seltenes chemisches Element, das in der Natur zusammen mit Uran und Blei auftritt; das Metall entsteht als radioaktives Zwischenprodukt bei den Zerfällen von Uran und Thorium. Da die Isolierung zum Beispiel aus der uranhaltigen Pechblende sehr aufwendig und teuer ist, gewinnt man gewünschte Polonium-Isotope (z. B. Po-210) in Kernreaktoren durch Neutronenbeschuss von Bismut-209.
Das reine Polonium-Metall glänzt silber-weiß. Obwohl das Element formal zur Sauerstoff-Gruppe bzw. zu den Chalkogenen zählt, ähnelt es in vielen Eigenschaften dem linken Nachbarn im Periodensystem Bismut.
In der Öffentlichkeit wurde Polonium als mutamaßliches Gift in dem einen oder anderen prominenten Mordfall bekannt. Tatsächlich ist das radioaktive Schwermetall eines der stärksten bekannten Gifte, tausende Male wirksamer als das Cyanid.
Die Giftwirkung beruht auf der Strahlung des Poloniums - eine Strahlenbelastung ist jedoch nur dann gegeben, wenn das Element in den Körper gelangt, entweder durch Einatmen, Verschlucken oder durch das Eintreten kontaminierter Substanzen über eine offene Wunde. Diese körperinterne Kontamination führt dann zu einer Bestrahlung der Organe von Innen, was wiederum zu ernsthaften medizinischen Symptomen oder zum Tod führen kann. Es besteht kein Risiko für die Gesundheit, solange das Polonium außerhalb des Körpers bleibt. Eventuelle Po-Spuren können durch sorgfältiges Händewaschen und Duschen bzw. durch Wasch- und Spülmaschinen beseitigt werden.
Menschen, die mit einer mit Po-210 verunreinigten Person in Berührung kommen, werden der Strahlung nicht ausgesetzt, nur weil sie sich in ihrer Nähe aufhalten - es sei denn, sie nehmen oder atmen Körperflüssigkeiten der kontaminierten Person ein.
Übersicht: Allgemeine Daten zum Polonium
Das Polonium-Atom
Das Po-Atom - und damit das chemische Element Polonium - ist eindeutig durch die 84 positiv geladenen Protonen im Atomkern definiert. Für den elektrischen Ausgleich im ungeladenen Polonium-Atom sorgt die gleiche Anzahl an Elektronen.
Für Unterschiede bei den Atomkernen sorgen die Kernbausteine der Neutronen. Diese Atomsorten werden unter dem Begriff Polonium-Isotope bzw. Po-Nuklide zusammengefasst (Isotopen-Daten: siehe dort).
Die relative Atommasse wird des Poloniums wird mit 209 u angegeben; wie üblich ist es bei Elementen, die ausschließlich radioaktive und damit instabile Nuklide besitzen, die Masse des Isotops mit der längsten Halbwertszeit.
Elektronenkonfiguration
Symbol | OZ | Kurzform |
---|---|---|
Po | 84 | [Xe] 4f14 5d10 6s2 6p4 |
Langform:
1s | 2s | 2p | 3s | 3p | 3d | 4s | 4p | 4d | 4f | 5s | 5p | 5d | 5f | 6s | 6p | 6d | 6f |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2 | 2 | 6 | 2 | 6 | 10 | 2 | 6 | 10 | 14 | 2 | 6 | 10 | 2 | 4 |
Ionisierungsenergien
Die folgende Tabelle listet die Bindungsenergien bzw. die Ionisierungsenergien IE des Poloniums auf, also die erforderliche Energie in Elektronenvolt (eV), um ein bestimmtes Elektron von einem Po-Atom zu trennen.
1. IE: | 8,414 eV |
Elektronenbindungsenergie
Die nachfolgende Tabelle listet die Elektronenbindungsenergien der einzelnen Polonium-Elektronen in den jeweiligen Orbitalen auf. Die Werte sind in Elektronenvolt (eV) angegeben.
K | LI | LII | LIII |
1s | 2s | 2p1/2 | 2p3/2 |
93105 | 16939 | 16244 | 13814 |
MI | MII | MIII | MIV | MV |
3s | 3p1/2 | 3p3/2 | 3d3/2 | 3d5/2 |
4149 | 3854 | 3302 | 2798 | 2683 |
NI | NII | NIII | NIV | NV | NVI | NVII |
4s | 4p1/2 | 4p3/2 | 4d3/2 | 4d5/2 | 4f5/2 | 4f7/2 |
995 | 851 | 705 | 500 | 473 | 184 | 184 |
OI | OII | OIII | OIV | OV |
5s | 5p1/2 | 5p3/2 | 5d3/2 | 5d5/2 |
177 | 132 | 104 | 31 | 31 |
Weitere Daten
190 pm (empirisch, nach Slater)
145 pm (in Einfach-Bindungen, nach Pyykkö et al.)
135 pm (in Zweifach-Bindungen, nach Pyykkö et al.)
129 pm (in Dreifach-Bindungen, nach Pyykkö et al.)
Spektrallinien des Poloniums
Die nachfolgende Abbildung zeigt ein Emissionsspektrum des Poloniums mit den charakteristischen Spektrallinien im sichtbaren Wellenlängenbereich zwischen 400 und 700 nm:
Chemische Daten
2,39 nach Allen
Standardpotentiale
Normalpotential des Poloniums:
E0 (V) | Nox | Name Ox. | Ox. | e- | ⇔ | Red. | Name Red. | Nox |
0,368 | + II | Polonium(II)-Kation | Po2+ | + 2 e- | ⇔ | Po (s) | Polonium | 0 |
1,095 | + IV | Polonium(IV)-oxid | PoO2 + 4 H+ | + 2 e- | ⇔ | Po2+ + 2 H2O | Polonium(II)-Kation | + II |
Material- und physikalische Eigenschaften des Poloniums
Die nachfolgende Tabelle führt einige physikalische Daten sowie Materialeigenschaften des reinen Poloniums auf.
Geochemie, Vorkommen, Verteilung
Polonium ist aufgrund der kurzen Halbwertszeit aller seiner Isotope ein äußerst seltenes Element in der Natur. 210Po, 214Po und 218 Po treten in der Zerfallskette von 238Uran auf; somit findet man Polonium in Uran-Erzen, allerdings nur in Konzentrationen von etwa 0,1 Milligramm pro Tonne Erz (= 1 Teil auf 1010) - da entspricht ungefähr 0,2% der Häufigkeit von Radium. Die geringen Mengen in der Erdkruste stellen keine Gefahr für Gesundheit und Natur da. Polonium wurde unter anderem auch in Tabakrauch von Tabakblättern gefunden, die mit Phosphatdünger aufgezogen wurden.
Literatur und Quellen
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Sur une substance nouvelle radio-active, contenue dans la pechblende.
In: Comptes rendus de l’ Académie des Sciences Paris, 1898.
[2] - Nobelpreis 1911:
Marie Curie: Entdeckung und Arbeiten an den Elementen Radium und Polonium.
In: The Nobel Prize in Chemistry, 1911.
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In: The Journal of Chemical Physics, 1946, DOI 10.1063/1.1724201.
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In: Journal of the Chemical Society, 1954, DOI 10.1039/JR9540004295.
[5] - F. Weigel:
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In: Angewandte Chemie, 1959, DOI 10.1002/ange.19590710902.
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In: Advances in Inorganic Chemistry and Radiochemistry, 1962, DOI 10.1016/S0065-2792(08)60268-X.
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In: Journal of Inorganic and Nuclear Chemistry, 1966, DOI 10.1016/0022-1902(66)80270-1.
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In: Ind. Eng. Chem. Process Des. Dev., 1969, DOI 10.1021/i260032a013.
[9] - Stephen J. Hawkes:
Polonium and Astatine Are Not Semimetals.
In: Journal of Chemical Education, 2010, DOI 10.1021/ed100308w.
[10] - Christoph Friedrich, Horst Remane:
Marie Curie: Chemie-Nobelpreisträgerin 1911 und Entdeckerin der Elemente Polonium und Radium.
In: Angewandte Chemie, 2011, DOI 10.1002/ange.201008063.
[11] - F. Carvalho, S. Fernandes, S. Fesenko et al.:
The Environmental Behaviour of Polonium.
In: IAEA Technical Reports Serie No. 484, 2017.
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Kategorie: Chemische Elemente
Letzte Änderung am 06.04.2022.
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